Männer sollen mehr Gefühle zeigen – darin scheinen sich die Frauen einig zu sein. Aber sie denken da offensichtlich nur an bestimmte Gefühle und sind offensichtlich nicht auf alle gefasst.

Von Markus Hofer

„Männer sind zu gar keinen ordentlichen Gefühle fähig“, las ich einmal und die Fortsetzung war: „Die kriegen höchstens einen Wutanfall!“ Es war ein Mann, der das geschrieben hatte und mit dem würde ich schon gerne diskutieren, was ordentliche und unordentliche Gefühle sein sollen. Seit wann ist ein Wutanfall kein Gefühl? Das kann die Folge einer tiefen Kränkung sein, einer Überschreitung der Schmerzgrenze. Nicht zuletzt kann ein Wutanfall auch befreiend sein, eine Art Dampf ablassen, bevor der Kelomat explodiert.


Wir Männer sind nicht selten mit solchen Fragen konfrontiert, was ordentliche Gefühle sind und was nicht, was als statthaft gilt und was wir uns doch besser verkneifen sollten. Und da beginnt das Dilemma des männlichen Gefühle Ausdrückens. Fast alle Frauen scheinen sich darin einig, dass Männer mehr Gefühle ausdrücken sollten. Sie scheinen sich aber unausgesprochen auch darin einig zu sein, welche es sein sollen und von welchen sie lieber verschont bleiben wollen.


Wie zeigt ein Mann seinen Schmerz, seine Verletzung? Macht er es zu ausgiebig, ist er ein Jammerlappen. Macht er es dezent, wird es wenig ernst genommen. Macht er es ernsthaft, kann sein, das er ein deutliches „Jetzt tu nicht so!“ erntet. Oder wie eine Kollegin meinte: „Manche Männer gehen schon ordentlich in die Opferrolle.“ Wie also äußern wir Gefühle, die offiziell für uns grad nicht vorgesehen sind?
Resigniert sagte einmal ein Mann zu mir: „Immer, wenn ein Mann Gefühle zeigt, macht er sich lächerlich.“ Das stimmt natürlich nicht ganz so, aber – leider! – es ist schon auch etwas dran.