In der Einsiedelei Greccio "erfand" Franz von Assisi vor fast 800 Jahren die weihnachtliche Krippenfeier. Von Markus Hofer erscheint Anfang des kommenden Jahres ein neues Buch: "Franz für Männer". Darin lässt er ihn selber als fiktive Person zu uns Männern sprechen.

"Das Sinnliche im Glauben war mir immer wichtig. Aufgeklärte Männer werden da ihre Mühen mit mir haben, aber abstrakte Dinge allein waren mir immer zu wenig. Gestandene Männer weinen manchmal zu Weihnachten, auch wenn sie dann gleich nicht mehr wissen, wie sie tun sollen oder sich sicherheitshalber einen ansaufen. Auf die Rührung folgt dann die Peinlichkeit. Aber im Evangelium heißt es: Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder. Wenn wir das Kind in uns nicht pflegen, werden wir zu schnell alt. Warum soll unser Glaube nicht auch kindliche, naive Gestalten annehmen? Vom trockenen Gerede konnte ich mich nie ernähren. Manche Männer dürften vom erhabenen Thron der Vernunft ruhig hin und wieder herab steigen. Sie würden ganz neue Erfahrungen machen. Warum haben Männer gerade in religiösen Dingen oft so viel Angst?

Viele Männer tun sich überhaupt schwer mit Gefühlen. Sie spüren zwar deren elementare Wucht in sich, aber sie können sie nicht einordnen und das macht ihnen Angst. Sie haben Angst, sie könnten die Gefühle nicht kontrollieren oder gar sich selber nicht mehr im Griff haben. Das wäre für sie wahrscheinlich das Schlimmste. Dann wird alles zubetoniert oder ertränkt. Mir geht es nicht um Gefühlsduselei. Gefühl ist nicht gleich Gefühl und auch Tränen können lügen. So viel ist mir schon klar. Aber wenn Männer in sich aufmerksam sind, werden sie die Unterschiede gut erkennen. Schließlich sind Wut und Zorn ja auch Gefühle, selbst wenn einige meinen, es wären keine ordentlichen, weil sie nicht so schön sind. Auch Wunden und Verletzungen sind wichtige Empfindungen, die Männer ernst nehmen sollten. Die Frage der Gefühle ist nicht, ob sie genehm oder willkommen, sondern ob sie echt sind.

Der Kopf allein ist noch lange nicht der ganze Mann. Gefühlvolle Männer, nicht die weinerlichen Gefühlsdusler, strahlen eine Behaglichkeit aus. Sie vermitteln emotionelle Geborgenheit und Sicherheit gleichzeitig. Sie wissen mit ihren Gefühlen umzugehen und können sich auch einmal gehen lassen. Dabei gewinnen sie nur und verlieren nichts. Männer, die ihre Gefühle immer unter Verschluss halten, vertrocknen irgendwann. Sie werden sich auf Dauer selber fremd und schneiden sich ab vom Lebendigen. Sie haben keinen gemüthaften Zugang zu dem, was sie tun und im Grunde können sie auch mit sich selber nicht mehr viel anfangen.

Wenn Männer um Gefühle und Empfindungen einen Bogen machen, ist es falscher Selbstschutz. Sie bekommen nicht mehr, was sie brauchen, wenn sie alles mit dem Beton der Stärke zudecken. Sie schützen sich vor dem, was ihnen helfen könnte. Vielleicht ist es in den religiösen Dingen ähnlich. Da glauben richtige Männer einen besonders großen Bogen machen zu müssen. Das ist nur etwas für Schwächliche oder solche, die das brauchen. Selbst ist der Mann, was brauchen sie einen anderen. Viele Männer haben Angst, die Dinge nicht mehr selber kontrollieren zu können. Aber so ist das Leben einmal. Wir können nicht alles kontrollieren. Sonst gehen wir kaputt dabei. Wir sind immer gleichzeitig auch das Kind und auch bedürftig. Wohl dem Mann, der das weiß. Er kommt nicht zu kurz und er weiß, dass er sich dem Fluss überlassen darf, geschweige denn dem Fluss des noch Größeren."

aus: Markus Hofer, Franz für Männer. Was uns der Mann aus Assisi zu sagen hat, Innsbruck 2001 (Tyrolia)