Peter Mayerhofer, Leiter des Bereichs ‚Kirche und Welt' in der Diözese, hat gerade ein halbes Jahr bei und mit seiner kleinen Clara verbracht. Hier sein Bericht aus der Karenz.


von Peter Mayerhofer

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich wurde beim werktäglichen Einkaufen nicht schief angeschaut, in meiner Nachbarschaft spielten sich keine Eifersuchtsdramen ab, und meine Tochter Clara spricht mich auch seit dem karenzbedingten Rollentausch nicht mit Mama an. Klischeehafte Erwartungen, mit welchen ich vor Antritt meines Karenzurlaubs konfrontiert wurde, sind größtenteils nicht eingetroffen.

Dennoch spürte ich während dieses halben Jahres immer wieder, dass ich als Karenzvater Angehöriger einer extremen Minderheit bin: Wie oft bin ich im Sommer als einziger Mann zwischen fünf Frauen gestanden und habe den Kindern beim Spielen zugesehen; wie oft wurden beim Eltern-Kind-Turnen versehentlich nur die Mütter angesprochen. Auch die raren Einladungen zu Kaffeerunden (von Frau zu Mann und umgekehrt gehen sie viel schwerer über die Lippen als von Frau zu Frau) stellten nicht das Gefühl der Integration her, da ich doch stets Exotenstatus hatte und mit meinen Themen nicht wirklich beheimatet war.

Der Rollentausch kann nicht garantieren, dass ich mich nach Rückkehr in den Arbeitsalltag völlig in die Situation meiner Frau zuhause hineinfühlen kann. Als einzelner Mann erlebe ich die Konzentration auf Kind und Haushalt anders als eine Frau, die in ihrem Umfeld hundert andere Frauen in vergleichbarer Lebenssituation hat; und als ‚Hahn im Korb' fühle ich mich offen gesagt auch nicht so recht wohl.

Dennoch hat meine Karenzzeit sehr viel zum gegenseitigen Verständnis beigetragen. Ich weiß nun, mit welcher Sehnsucht an manchen Tagen die Heimkehr des Partners von der Arbeit erwartet wird. Ich weiß, dass ich unter Umständen weniger Geduld für Kind und Partner aufbringen kann, wenn ich das Kind den ganzen Tag um mich habe. Und ich bewundere jede Frau, die die Hausarbeit für eine mehrköpfige Familie über Jahre hinweg gründlich und verlässlich erledigt - nicht, weil es vom Aufwand oder der Anstrengung her so herausfordernd wäre, sondern vielmehr auf Grund des ewigen Kreislaufes relativ eintöniger Arbeiten: Kaum ist das Haus geputzt, ist's auch schon wieder schmutzig, kaum ist der Wäscheberg abgearbeitet, liegt ein neuer Haufen herum, kaum ist das Frühstücksgeschirr abgeräumt, muss fürs Mittagessen aufgetischt werden, kaum habe ich eingekauft, ist der Kühlschrank schon wieder leer ... Aus meinem Beruf bin ich hingegen gewöhnt, dass ich meine Vorhaben plane, dass ich Schwerpunkte setze, Aufgaben erledige, auf Ziele hinarbeite. Es gibt also immer wieder etwas zum Abschließen - eine Sache ist erledigt und etwas Neues beginnt. Wie anders sind da die Herausforderungen des Haushalts!

Darum war ich zuerst froh, dass ich in geringfügiger Beschäftigung einzelne berufliche Aufgaben weiterhin wahrnehmen konnte. Rückblickend war das aber gar nicht so einfach. In der Theorie wirkt die Vorstellung recht idyllisch, daheim neben Kind und Hausarbeit gelegentlich ein paar Dinge am Computer zu erledigen, ein paar Anrufe zu tätigen, einmal für einen Sprung mit Kind im Büro vorbeizuschauen oder mit Hilfe eines Babysitters zu einer Sitzung gehen zu können. Man bleibt sozusagen im Schuss, mit einem Fuß im Berufsleben und verliert den Anschluss nicht. In der Praxis hat Clara sehr schnell herausgefunden, mit welchem Knopf sie den Computer abschalten kann... Kurzum, die Grenze der zumutbaren Arbeitsbelastung war für mich überraschend schnell erreicht. Es stellte sich das ständige Gefühl ein, zu wenig getan zu haben, da der Berg an Unerledigtem immer höher war als alles andere. So sehr ich es gesellschaftspolitisch begrüße, wenn sich Beruf und Kinderbetreuung durch flexible Teilzeitarbeit besser verbinden lassen, halte ich es doch für ein Privileg, auf diese Vereinbarkeit verzichten und sich ganz auf eine Sache konzentrieren zu können.

Das Wichtigste fehlt aber noch: die unzähligen bereichernden Stunden mit Clara. Es gibt kaum etwas Schöneres, als so unmittelbar mitzuverfolgen, wie sich ein Kind in diesem Alter entwickelt. Die fortschreitenden motorischen Fähigkeiten, die Sprachentwicklung, die zunehmende Kombinationsgabe, die ganz direkte, unschuldige Art der Emotionalität, unverblümten Lebensfreude und Spontanität - all dies ist einfach herzerfrischend. Ich erlebe das auch als berufstätiger Vater, aber eben nie in dieser Intensität. Auch wenn das halbe Jahr Karenz letztlich ein Intermezzo bleibt, stellt die intensive Erfahrung der Vater-Tochter-Beziehung alles andere in den Schatten, sodass ich nur empfehlen kann: Väter, geht in Karenz!