Man hat den Eindruck, dass ständig über Sex geredet wird, doch wenn es ernst wird, herrscht viel sexuelle Sprachlosigkeit in den Beziehungen. Es ist gar nicht so einfach darüber zureden, aber trotzdem wichtig.

von Markus Hofer

Es gibt zweierlei Paare: Die einen haben sexuelle Probleme. Und die anderen? Die haben auch sexuelle Probleme, aber sie reden darüber. Das gilt natürlich nicht für frisch Verliebte, bei denen der Kick des Neuen noch voll am Werk ist. Aber auch für diese kommt irgendwann der partnerschaftliche Alltag und was anfangs gleichsam hormongesteuert von selber funktionierte beginnt nicht selten zu stocken. Wenn zwei dann nicht darüber reden können, siegt nicht selten der Alltagsfrust über die sexuelle Lust.

Sexualität ist ein gegenseitiger Austausch von Geben und Nehmen, ein gegenseitiges Spiel von Begehren und Begehrtwerden, in dem sich sowohl die Frau wie der Mann als begehrt und in ihrer Männlichkeit bzw. Weiblichkeit bestätigt erleben. Das mag einfach klingen, doch ist sogar hier noch nie ein Meister vom Himmel gefallen. Es ist gar nicht so einfach, diesen Ausgleich von Geben und Nehmen auf Dauer in Balance zu halten. Paare kommen nicht daran vorbei, über ihre Sexualität auch zu reden. Sprüche zu klopfen oder Witze zu machen ist viel einfacher. Wenn es ernst wird, kommt jedoch viel Scham und Unsicherheit ins Spiel und irgendwie scheint plötzlich die passende Sprache zu fehlen. Umso wichtiger ist es aber gerade für uns Männer, denn bei sexueller Sprachlosigkeit ist meist der Mann der Verlierer.

Die gesellschaftliche Macht hat sich inzwischen zwar aufgeweicht, aber noch bestimmen hier immer noch sehr viel die Männer. Im Beziehungsbereich ist es allerdings nicht selten umgekehrt. Hier liegt die Definitionsmacht oft weit gehend bei den Frauen. Sie bestimmen, wie und wie oft geredet werden sollte – und der Mann ist dann schnell der, mit dem man nicht reden kann. Frauen bestimmen, auf welche Weise und wann Gefühle ausgedrückt werden sollten – und der Mann gilt dann schnell als gefühllos. Sie bestimmen auch wie viel Sexualität sozusagen „normal“ ist – und der Mann ist dann halt das „Triebwesen“, über das frau den Kopf schüttelt. Oder er ist eben der Verlierer, der draufzahlt, wenn er sprachlos bleibt.

Auch auf sexueller Ebene muss es in einer Beziehung fair zugehen. Wenn auf Dauer ein Teil nur begehrt und der andere nur gewährt, dann stimmt die Balance nicht mehr. Wenn beispielsweise sie ihn, wie man so sagt, nur mehr „lässt“, wird er sich auf Dauer als Mann ziemlich blöd vorkommen und aus der Liebe wird dann nicht selten ein Machtspiel. Um das zu verhindern müssen wir gegenseitig unsere Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen immer wieder aussprechen. Wir müssen reden darüber, wenn auch nicht druckreif. Gegen Trott oder Machtspiele lautet die Devise: Red’mr amol drübr!