Prostatakrebs ist inzwischen die häufigste Krebsart bei Männern. Dabei ist der Männerkrebs schon früh zu erkennen und hat hohe Heilungschancen. Ein Betroffener möchte aufrütteln.

von Hans Tschernig

Ich ging immer schon jährlich zur Gesunden-Untersuchung, das gehört für mich zur Verantwortung, die wir für uns selber haben. Vor 15 Jahren, ich war gerade 55 geworden, meinte mein Hausarzt, dass ein PSA-Test fällig wäre, damals noch eine neue Methode, durch Blutuntersuchung einen Prostatakrebs festzustellen. Beim Befund kam der Hausarzt ins Stocken: „Wie soll ich dir das sagen? Dein PSA-Wert ist erhöht und du musst zum Urologen.“ Nach einigen Untersuchungen kam am Vormittag des 24. Dezember die erfreuliche Mitteilung: Befund negativ, also kein Krebs. Jubelstimmung zu Weihachten!

Der PSA aber blieb auf dem Niveau. Nach einer zweiten Untersuchung war der Befund positiv, also doch Prostatakrebs! Eine Total-Operation der Prostata mit guten Heilungs-Chancen wurde mir empfohlen. Den OP-Termin sollte ich möglichst schnell wahrnehmen.

Ich erinnere mich noch an die Krankenschwesterschülerin, die aufgeregt war, weil sie bei mir das erste Mal Blut abnahm. Irgendwie gelang es mir, uns beiden Mut zu machen. Ich hatte auch keine Angst vor dem, was kommen würde. Ich war nur froh, dass dieser Krebs entdeckt wurde bei sehr hohen Heilungschancen. Der operierende Arzt kam zu mir ans Bett und erklärte mir den ganzen Vorgang. Ich hatte auch sofort Vertrauen in ihn als ‚meinen’ Arzt. Die erste Nacht im Aufwachraum und die folgenden Nächte waren voll wirrer und vielsagender Träume. Einmal flog ich als Ad-ler den Bergen entlang und sah in ein anderes Land. Ich wurde dort erwartet, aber ich kehrte zurück.

Auch nach der Operation wurde ich gut versorgt und der Arzt war immer wieder an meinem Bett. Bald schon machte ich auf der Station meine Runden mit Flaschenwagen. In der zweiten Woche kam der pathologische Befund. Alles OK! So-weit erkennbar wurde alles Prostatagewebe aus meinem Unterleib entfernt. Auch alle bisherigen Kontroll-Termine waren super, es gab keine Probleme mehr.

Als ich wieder zuhause war, hatte mein Chor gerade die letzte Probe vor dem Konzert. Ich war gegen Ende der Probe mit einigen Flaschen Wein angerückt und wir feierten meine erfolgreiche Krebs-OP. Am Sonntag beim Konzert hatte ich das Gefühl, der Chor singt heute nur für mich: „O schönes Morgenlicht, das also hell aufzieht und lieblich uns anlacht! Gesegnet sei dein edler Glanz, der alles ganz erfrischt und wiederum fröhlich macht!“
Die Diagnose Prostatakrebs habe ich nie verheimlicht. Im beruflichen Umfeld, ich war selbstständiger Unternehmer mit einem Ingenieurbüro, meinten wohlmeinende Kollegen: „Das darfst du niemanden in deinem beruflichen Umfeld sagen. Du wirst keine Aufträge mehr erhalten.“ Meine Erfahrung war aber eine ganz andere. Der ehrliche Umgang mit meiner Krankheit hat mir viel Sympathie eingebracht und gute Gespräche ermöglicht. Auch habe ich nach meiner OP noch viele große und interessante Aufträge erhalten.

Inzwischen engagiere ich mich im Verein „Vorarlberger Selbst-hilfe Prostatakrebs“, wo wir Gesprächsangebote mit Betroffenen ermöglichen. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es gut tun kann, wenn man als Betroffener andere Männer findet, mit denen darüber reden kann. Eine Flucht in die Sprachlosigkeit ist eher eine zusätzlich Belastung.
Vor allem aber möchte ich alle Männer aufrütteln, dass sie ab 45 regelmäßig den PSA-Wert kontrollieren lassen. Das tut nicht weh, ist nur eine Blutabnahme und kann unser Leben retten. In Vorarlberg zahlt das die Gebietskrankenkasse (im Unterschied zu OÖ und Tirol) erst ab 50. Verlangen Sie aber vorher schon den Test, der im Rahmen der Vorsorge ganze 6 € kostet. Das sind knapp 2 Bier im Jahr und die können lebensrettend sein!