Dr. Anneliese Fuchs hat bei den Kleinwalsertaler Familiengesprächen einen vielbeachteten Vortrag gehalten: "Zerstört unsere Wirtschaft unsere Familien?" Das Thema hat viel mit uns Männern zu tun.

Tanz um das goldene Kalb

In wenigen Aspekten ist die Wirtschaft des ausgehenden Jahrhunderts so geschlechtsneutral wie in der gesundheitlichen und psychischen Belastung ihrer Manager. Sowohl Männer wie Frauen in Top-Positionen leiden nicht nur unter gesundheitlichen Belastungen - die Herzinfarkte bei 45jährigen steigen besorgniserregend -, ihr letzter Kräftepool, die eigenen Familie, wird dem Tanz ums goldene Kalb geopfert. Welche verheerenden Auswirkungen dies nicht nur auf das individuelle Empfinden, das Betriebsklima und auf die nächste Generation hat, wird außer Acht gelassen.
 

Die Weigerung der Kinder

Die erwachsenen Kinder der Führungskräfte lehnen das System der Väter ab. Diese Jugendlichen sind Berufswaisen, d.h. ein Elternteil, zumeist der Vater, war aus beruflichen Gründen fast immer abwesend. Es besteht zwar finanzieller Wohlstand, aber die Beziehung des Vaters zur Mutter ist oft schlecht, zu den Kindern kaum vorhanden, gesundheitliche Probleme aufgrund der ständigen Überlastungen setzen ein (auch junge dynamische Manager werden älter). Und die "Nachfolger" fragen sich: Wofür? Sie verweigern die Übernahme des guteingesessenen und gerade ausgebauten Familienbetriebes, weil sie lieber "leben", ihre Kinder heranwachsen sehen, wirkliche Partnerschaften führen wollen, Zeit für ihre eigenen Interessen verlangen.
 

Familie als Kraftquelle

Daß Familie viel mehr ist als nur Trauschein und Kinder, muß leider heutzutage auch vielen Männern sehr vehement ins Gedächtnis gerufen werden. Denn wenn der Mann außer der Floskel "Sie muß doch wissen, daß ich sie liebe .." nie Zeit, Gedanken und Aufmerksamkeiten für die Partnerin hat, dann darf man(n) sich nicht wundern, wenn die Frau oder die Familie sich als Kraftquelle verweigern.
 

Moderne Versklavung

Der gängige Alltag eines Managers besteht aus 12-14 Stunden täglich, Wochenenddienst selbstverständlich. Dies kann nur mehr als moderne Form der Versklavung gesehen werden. Daß sich das System selbst ausbeutet, wird gänzlich übersehen. Kann der Manager nicht mehr abschalten und neue Kräfte sammeln (eine der Aufgaben von Partnerschaft und Familie), sinkt letztendlich seine Belastbarkeit, Motivation und ein Teufelskreis beginnt. Dieser Männertyp, dessen ganze Kraft, Herz, Wissen nur im Beruf steckt, wird automatisch erst zum geistig, dann körperlich abwesenden Partner, desinteressierten Vater, vergessenen Freund...
 

Burn out - ausgebrannt

Man kann nicht oft genug vor den Folgen chronischer Arbeitsüberlastung warnen. Neben den hinlänglich bekannten medizinischen Belastungen kommen auch psychische. Bis zur Lebensmitte werden die hohen Anforderungen gut erfüllt, doch dann beginnen die Überlegungen, was nach diesem Berufsalltag bleibt. Körper und Seele reagieren auf den immensen Druck, man fängt an, sich abzukapseln, um die letzten Kraftreserven zu schützen, verliert aber gleichzeitig die Kommunikation zu Freunden und Familie. Aufgrund der Überlastung kann und will man nicht mehr zuhören, sich mit neuen Problemen beschäftigen. Loslassen wird immens schwierig, Schlafprobleme setzen sein, die Schlafbedürftigkeit steigt immer mehr (nur nichts mehr sehen und hören), eine gefährliche Spirale beginnt sich zu drehen.

Vorbeugen ist besser

Um diesen belastenden Krisensituationen vorzubeugen, gibt es eine recht einfache und vor allem sehr angenehme Methode:

  • Nehmen Sie sich ab sofort und ohne Ausreden täglich Zeit für sich. Finden Sie eine für Sie angenehme und entspannende Situation, die Ihnen hilft, loszulassen, abzuschalten, z.B. ist Meditation eine wunderbare Möglichkeit, sich wieder auf sich selbst konzentrieren zu lernen.
  • Nehmen Sie sich wöchentlich Zeit für Ihre Familie, ohne Handy, Fax, Termindruck, geistiger Abwesenheit. Seien Sie einfach DA.


Dr. Anneliese Fuchs, Arbeitsgemeinschaft für Präventivpsychologie; aus: APP INFO Nr. 85