Im Herbst erschienen zwei Bücher von Genetikern mit der These: Männer werden überflüssig. Sie sterben aus, denn sie seien eigentlich ein Irrtum der Natur. Das männliche Y-Chromosom sei bereits derart degeneriert, dass wir am Beginn eines weiblichen Zeitalters stünden. Manchmal gibt es Dinge, die kann man(n) nur im Fasching ‚ernst’ nehmen.

von Ernst F. Kilian

Vor kurzem – gerade vor Ausklang des Jahres der Behinderten – stieß ich auf einen Satz des Humanbiologen Jens Reich: „Ein Mann zu sein ist der häufigste genetische Defekt der Natur.“ Das gibt zu denken. Früher hätte ich mich gefragt, ob man mit diesem Argument nicht eine staatliche Beihilfe beantragen könnte, aber damit ist es wohl vorbei. Der Staat hat kein Geld, schon gar nicht für Beihilfen, und schließlich könnte da jeder kommen. Die Zeiten werden härter. Mit seinen genetischen Defekten muss jeder allein fertig werden. Fragt sich nur: Wie lange noch?

Ich fürchte den Perfektionsdrang der Gentechnologie. Ein kleiner Eingriff in den genetischen Code und Tomaten faulen nicht mehr, Mais wird nicht mehr brandig. Beim Mangelwesen Mann wird es allerdings schwieriger. Reparieren kann man da nichts, das kann man nur abschaffen, zumal es zur Fortpflanzung ohnedies nicht mehr gebraucht wird. Klonen ist besser, hygienischer, verhindert AIDS, erspart den mühseligen zwischengeschlechtlichen Beziehungs-kram, und vor allem weiß man im Vorhinein, was heraus kommt: Hurra, ein Mädchen!

Ich sehe eine düstere Zukunft heraufdämmern. Zuerst wird man Frauen, die unbedingt einen Sohn haben wollen, so scheel anschauen wie die, die während der Schwangerschaft rauchen. Auf die soziale folgt die wirtschaftliche Ausgrenzung. Die Versicherungen werden abwinken. Der Mutter-Kind-Pass? Ja, aber nur für Töchter. Irgendwann hebt der Staat – der dann noch weniger Geld haben wird – eine Sondersteuer für männliche Kinder ein. Und in spätestens fünf Generationen ist der Mann dort, wo heute der Säbelzahntiger ist. Allenfalls besser dokumentiert. In uralten verregneten Humphrey-Bogart-Filmen wird Frau bestaunen können, um was für eine – bei aller Mangelhaftigkeit – doch recht attraktive Spezies es sich gehandelt haben muss.

Na ja, und ein bisschen Erbmaterial wird man wahrscheinlich konservieren. Da zähle ich voll auf WWF und Greenpeace. Wer den Buckelwal retten will, kann den Mann nicht so einfach aussterben lassen. Ein paar Exemplare lassen sich dann gegebenenfalls in vitro nachzüchten, für den Erlebnispark. Oder als Spaßobjekt für die Frau, die schon alles hat.