Martin Fellacher, der frühere Leiter der Online-Beratung www.maennernet.at arbeitet seit einem halben Jahr in Papua-Neuguinea. Das Männerbüro hat ihn um seine Eindrücke gefragt.

von Martin Fellacher

Es gibt hier auf Papua-Neuguinea etwa 800 verschiedene ethnische Gruppen. Fast alle werden traditionell von Männern geführt. Entscheidungen werden im „Haus Man“ getroffen. Durch den Kontakt mit der westlichen Kultur stellen sich den Gemeinschaften plötzlich neue Probleme: Junge Männer und Frauen, die eine gute Schulbildung bekommen haben, sind nicht mehr bereit, den ‚großen Männern’ ihrer Gemeinschaft zu folgen, die selbst vielleicht nicht einmal Lesen und Schreiben können. Über Jahrhunderte festgefahrene Strukturen werden nun innerhalb kürzester Zeit massiv in Frage gestellt.

Traditionell sind die Männer meistens für die ‚groben Arbeiten’ wie z.B. den Hausbau zuständig. Alles All-tägliche wie Gartenarbeit, Haushalt und Kinder bleibt den Frauen vorbehalten. Die Männer verbringen den Rest der Zeit mit Diskussionen und Entscheidungsprozessen, mit Verhandlungen und Versöhnungen. Jede Gemeinschaft hat ihr eigenes ‚Gericht’, in dem die „Big Man“ beraten und beschließen.

Mit der westlichen Kultur kamen das Geld und der Alkohol, mit dem viele nicht gut umgehen können. Wenn es jeden zweiten Freitag das Gehalt gibt, wird ein Großteil in Bier umgesetzt oder in „homebrew“ - selbstgebrautes Hochprozentiges. In den Nächten danach kommt es dann oft zu häuslicher Gewalt. Viele, Männer wie Frauen, sehen es als legitim an, wenn Männer ihre Frauen schlagen. Immerhin müsse der Mann ja den Brautpreis zahlen, deshalb habe er quasi das Recht seinen ‚Besitz auf Spur’ zu bringen.
Früher hat der Braut-preis dazu gedient, dass die Familie der Frau einen Ersatz für die verlorene Arbeitskraft erhielt. Gleichzeitig hat dieses Ritual eine Verbindung zwischen den zwei Familien hergestellt hat. Heute ist der Brautpreis schon stark kommerzialisiert und manche Familien mit Söhnen kommen unter Druck. Umgekehrt können wohl-habende Männer ihren Status damit untermauern, dass sie sich mehrere Frauen kaufen. Polygamie ist in Papua Neuguinea weit verbreitet.

Man sieht aber nicht nur Gewaltszenen, sondern es ist auch für uns ungewöhnlich, wie Männer ihre Emotionen in der Öffentlichkeit zeigen. Das fängt damit an, dass Männer Händchen haltend spazieren gehen, einfach weil sie gute Freunde oder Brüder sind. Genauso kann man Zeuge von Abschieden werden, an denen Männer Tränen vergießen oder man kann beobachten, wie sich Väter rührend um ihre Kinder kümmern. Zum Glück sind diese Szenen im Gegensatz zur Gewalt alltäglich. Ich lerne hier mit meiner Familie wie es ist, in einer Kultur fremd zu sein. Wir werden uns nicht an die Gewaltszenen gewöhnen können, und genauso werde ich mich immer etwas unwohl fühlen, wenn mich ein Mann auf der Straße an der Hand nimmt.