Nicht zuletzt war auch Papst Franziskus ein Grund für den Tyrolia-Verlag, das Buch „Franz für Männer“ von Markus Hofer leicht überarbeitet in der Topos-Reihe neu aufzulegen. Diesmal unter dem Titel: „Franziskus für Männer“ Michael Willam hat das Buch vorab gelesen.

von Michael Willam

Warum sollte ein Mann des 21. Jahrhunderts auf die Idee kommen, bei einem Heiligen des tiefen Mittelalters nachzulesen, wenn er sich in einer schwierigen Phase seines Lebens befindet? Auch wenn der neue Papst sich diesen Namen in programmatischer Weise gegeben hat: Warum sollte gerade Franz von Assisi für Männer interessant sein?

Franz von Assisi ist zweifellos einer der größten Heiligen in der Katholischen Kirche und für die meisten von uns ein Begriff aufgrund seiner innigen Beziehung zur Natur und zur Schöpfung. Viele haben wohl beim Namen ‚Franz von Assisi‘ jene Szenen vor Augen, in denen er mit Tieren spricht, sich mit verklärtem Blick an der Schönheit der Lilien auf dem Felde erfreut, Sonne, Mond und Sterne zur Ehre Gottes besingt und als armer charismatischer Bettler durch die Lande Mittelitaliens zieht.

Was hat dieser singende und tanzende Naturfreund Männern zu bieten? Was kann dieser vermeintliche Softie den gestandenen Mannsbildern der heutigen Zeit mit auf den Weg geben, ohne dass diese angesichts der geballten Ladung an Einfühlsamkeit Reißaus nehmen?

Vom Blick in den Spiegel

Markus Hofer versteht es zunächst Franziskus von allen verkitschten und sozialromantischen Klischees zu befreien. Da kommen ihm die wohltuend einfache Sprache und ein umfassendes Wissen über das Leben des Heiligen zugute. Er zeichnet das faszinierende Bild einer vielschichtigen Persönlichkeit, deren Fragen und Ringen über wichtige Richtungsentscheidungen und den eigenen Lebensentwurf viel mit den zentralen Fragen heutiger Männer zu tun haben.

Das mag man angesichts der Radikalität dieses Menschen zunächst kaum glauben. Wer kann es sich in der heutigen Zeit schon vorstellen, komplett aus dem Hamsterrad auszusteigen? Wer hätte schon den Mut eines Franziskus, das eigene Leben derart kompromisslos auf den Kopf zu stellen und ganz von vorne zu beginnen? Ist dieser Bettelmönch und ‚religiöse Supersportler‘ nicht meilenweit von der Realität heutiger Männer entfernt?

Dazu ist zu sagen, dass die radikale Kehrtwende vom reichen Kaufmannssohn und Lebemann zum Bettelmönch alles andere als eine glatte Sache war. Franziskus suchte verbissen seinen Auftrag. Er flehte um Klarheit, was Gott eigentlich von ihm wollte. Er stand ihm da als künftigem Heiligen keine Abkürzung offen. Er hatte keinen schnelleren und besseren Draht zu Gott, der ihm auf Knopfdruck seine Mission übermittelt hätte: Nein, er begann im Grunde ganz unheilig zu zögern und zu zweifeln, was denn für ihn der richtige Weg sei. Und Franz blieb dran an diesem Thema, versteckte sich nicht vor sich selbst.

Hofer findet einen Weg, diesen schmerzhaften Prozess des Franziskus mit der heutigen Lebensrealität von Männern zu verbinden, indem er Franz direkt zu den Lesern sprechen lässt. „Dieser Prozess hat wenig Heldenhaftes, sondern bereitet eher Schmerzen. Du musst dich zurückziehen – wie ich in der Höhle – und Dich stellen, deinen Zielen und Visionen, deinen Fehlern und deiner Schuld, deiner Unzulänglichkeit und deinen Grenzen. Das kann, je nach Lebenssituation, eine schmerzhafte Phase sein und es kann auch seine Zeit dauern“, liefert Hofer eine Art Bedienungsanleitung für Situationen der Sinnsuche. Die Brücke zwischen dem frühen 13. und dem 21. Jhdt. schlägt Hofer literarisch mit einer zusätzlich eingestreuten Erzählebene, in welcher sich Franz immer wieder direkt an uns Leser wendet. In einer Art fiktivem Tagebuch nimmt der historische Franz Kontakt auf mit dem modernen Mann. Hofer verknüpft die Gedanken und Erfahrungen des Heiligen mit den Ängsten, Hoffnungen und Freuden heutiger Männer, was die Lektüre des Büchleins mehr und mehr zu einer Art Selbsterfahrungstrip werden lässt.

Auf diese Art schafft er eine wohltuende Nähe zum Protagonisten, die jedoch damals wie heute nicht ungefährlich ist: Wer sich gänzlich auf diesen im besten Sinne ‚verrückten Heiligen‘ einlässt, für den wirkt die Radikalität seiner Lebensentscheidung wie ein Spiegel auf das eigene Leben. – und der Blick in diesen Spiegel ist vielleicht die größte Herausforderung, der man(n) sich stellen kann.


Buchtipp

Markus Hofer: Franziskus für Männer. Was uns der Mann aus Assisi zu sagen hat. Mit einem Geleitwort von Richard Rohr, Kevelaer 2013 (Topos Bd. 816), ISBN 978-3-8367-0861-6