Flexible Arbeitszeitmodelle werden heute von Frauen ganz selbstverständlich eingefordert und genutzt. Ingrid Holzmüller, die ehemaige Leiterin des Ehe- und Familienzentrums erzählt von ihrem Mann und seinen Kollegen, die es auch in ihrer Branche probiert haben – und es wieder tun würden!

von Ingrid Holzmüller

Die paar Männer, die so etwas in Anspruch nehmen, sind meist in sozialen Bereichen tätig. Andere Branchen können sich eine Flexibilisierung der Arbeitszeit kaum leisten – so lautet zumindest der gesellschaftliche Tenor. Ein EDV-Dienstleistungsbetrieb fällt sicher nicht in diese Kategorie, und doch handelt es sich um genau einen solchen Betrieb. In dem Unternehmen arbeiten etwa 20 Männer und ein Viertel hat sich inzwischen für die flexible Zeiteinteilung entschieden. Es gibt weder ein Leitbild noch einen rechtlichen Anspruch dafür, aber eine gute Gesprächsbasis zur Führungsebene und beiderseitiges Vertrauen.

Auslöser Familie

Was veranlasst Männer, den Pfad der klassischen Arbeitszeiten zu verlassen und sich auf das Abenteuer der Flexibilität einzulassen? Wie meist im Leben braucht es für eine solche Entscheidung einen Auslöser. Bei Thomas, Bernhard und Stefan war es die Familie: Einerseits der Wunsch, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen und sie am Abend nicht schon schlafend vorzufinden, andererseits das Bedürfnis, die berufstätigen Frauen zu unterstützen und sie von der Alleinverantwortung des Zeitmanagements zu entlasten. Angenehmer Nebeneffekt der flexiblen Zeitgestaltung: Verschiedenes konnte bereits unter der Woche erledigt werden, das Wochenende wurde entlastet und mehr zum Erholungsraum für die Familie.

Eigenverantwortung

Ermöglicht hat die Veränderung die Grundhaltung der Unternehmensleitung: „Die anfallende Arbeit muss erledigt werden. Wann ist im Prinzip egal. Lieber an 4 Tagen motiviert als an 5 Tagen unwillig.“ Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Kollegen bei unterschiedlichen Zeitmodellen? „Im Zeitalter von Handy und Notebook“, meint Bernhard, „stellt die Erreichbarkeit kein wirkliches Problem dar. Absprachen mit den anderen Mitarbeitern sind notwendig. Nutznießer der flexiblen Arbeitszeit ist nicht nur die eigene Familie, sondern auch der Arbeitgeber.“ Das großzügige Entgegenkommen wirkt sich auf die Motivation und Leistungsbereitschaft dieser Männer aus, im Gegenzug sind sie bereit, im Bedarfsfall auch zu ungewöhnlichen Zeiten für die Firma da zu sein. In Einem sind sich die drei Männer einig: Es bedarf einer hohen Eigenverantwortung, um mit flexiblen Arbeitszeiten gut umzugehen. Die Gefahr, sich in der Freizeit mit beruflichen Terminen einzudecken, ist sonst sehr hoch. „Es braucht schon Konsequenz und eine gute Psychohygiene,“ so die drei Informatiker, „damit Freizeit auch freie Zeit bleibt.“ Die Männer sind sich zudem ihrer begünstigten Situation bewusst, da ihr Arbeitsumfeld virtuelle Arbeit ermöglicht und unabhängige Arbeitszeiten.

Also nur Vorteile für alle Beteiligten? Ganz so rosarot ist es nicht. Hinter jedem steht eine Frau, die ihn von Zeit zu Zeit freundlich-besorgt bis eindeutig verärgert darauf hinweist, dass es eigentlich Zeit wäre, aus der virtuellen Welt wieder aufzutauchen, um sich um die praktischen Dinge des Lebens zu kümmern. Gewöhnungsbedürftig für uns Frauen ist, dass selbiger Mann zwar körperlich anwesend am Tisch sitzt, jedoch bei aufgeklapptem Notebook nicht wirklich ansprechbar ist. Es ist schwer begreifbar für eine Frau, dass dieser Mann so in seine Welt der Bits und Bytes abtauchen kann, dass er vom aufziehenden Chaos rund herum nichts mitbekommt. Das kann durchaus auch für Ärger und Missstimmungen sorgen wegen der Überschneidungen von Familie und Firma beim Arbeiten daheim. Trotzdem sind sich auch hier die Männer einig: Die Vorteile überwiegen bei weitem.

„Familienfreundlich“

Familienfreundliche Arbeitszeit dient – wie der Name sagt -  der Familie, den Kindern, der Partnerin, die vielleicht erst durch ein solches Modell selber berufstätig werden kann. „Familienfreundlich“ bedeutet aber nicht automatisch, dass die Partnerschaft profitiert. Partnerschaftspflege und Pflege der eigenen Interessen und Hobbys erfordern ein zusätzliches Engagement und sind im Paket „Familienfreundliche Arbeitszeit“ leider nicht enthalten. Dass diese Bereiche nicht zu kurz kommen -  dafür muss man(n) selbst ein spezielles Auge darauf haben!