Beim ersten Vaterschaftsurlaub hatte Roland Sommerauer nur den kleinen Samuel zu versorgen. Dann kamen die Zwillinge hinzu, Sonja und Aaron. Das folgende zweite Karenzjahr war eine bewegte Zeit. Geschichten und Episoden eines männlichen Abenteurers.

von Roland Sommerauer

Offensichtlich ist eine Darmgrippe im Anmarsch. Wir sitzen beim Abendessen, Aaron in der Nähe von meiner Frau. Plötzlich kommt das Kommando: „Papa hebala“ (halt mich fest). Dann geht es los und er muss brechen. Am gleichen Tag noch dasselbe mit Sonja und abends mit Aaron. Drei mal am Tag bin ich von unseren Kindern vollgekotzt worden, musste mich, die Kinder und den Boden reinigen. Warum beginne ich damit? Es ist eine meiner wertvollsten Erinnerungen: das Vertrauen, das sie in mich haben! Gerade, wenn es ihnen hundsmiserabel geht, kommen sie zu mir.

Ins Bad zum Kichern

Andererseits gibt es mit den Kindern unendlich viel Spaß und viel zum Lachen. Sie haben Tausende Ideen, ich komme aus dem Staunen kaum heraus. Ein nettes Ritual habe ich mit Sonja eingeführt: Wenn sie zum Wickeln ist, muss ich nur sagen: „Gehen wir ins Bad kichern!“ und schon saust sie die Stiegen hinauf.

Katastrophenbewältigung

Die tägliche Katastrophenbewältigung nimmt viel Zeit in Anspruch. Die oftmalige Suche nach Lieblingstieren, Schnullern, Spielzeugen, das Zusammenputzen nach Überflutungen, das Bröselmeer nach jedem Essen. Wenn gerade alle mal zufrieden und ruhig sind, muss ich nur auf die Uhr schauen. In spätestens drei Minuten folgt die nächste Katastrophe oder der nächsten Streit. Das ist und bleibt eine Herausforderung!

Meine Kinder spielen gerade ruhig. Jetzt könnte ich schnell etwas erledigen. Denkste, eine Minute später erfolgt die Vermisstenanzeige: „Wo ischt da Papa?“ Und in kürzester Zeit bin ich gefunden. Ich bin ein Mann, der eigentlich seine Rückzugsorte braucht. Da fällt es mir schon schwer, dass ich nicht einmal auf dem WC meine Höhle habe.

Unwiederbringliches

Nach einem Tag, an dem meine drei wieder mal so überhaupt nicht kooperativ waren, ging ich abends spazieren, um mir Luft zu verschaffen. Da kam mir der Gedanke, wenn mein Chef so mit mir tun würde, wie meine Kinder heute mit mir, würde ich sofort kündigen. Doch vor meinen Kindern will und kann ich nicht davon laufen. Ihnen will ich mich stellen, so wie ich bin und so wie sie sind. Denn eines merke ich genau: Das Wertvollste am Vaterschaftsurlaub ist die Zeit, die ich mit meinen Kindern teilen darf. Ich kann die atemberaubenden Entwicklungen verfolgen vom kleinen Baby zu einem Kind, das es faustdick hinter den Ohren hat, redet wie ein Wasserfall, hüpft, springt und klettert. Das sind Erlebnisse, die ich nie mehr nachholen könnte.

Eines haben meine Frau und ich gemeinsam: das Bedürfnis nach Feierabend. Blöderweise geht das nicht gleichzeitig. Das sind die anstrengendsten Phasen, wenn wir beide auf Stand-By schalten und vom anderen erwarten, dass er oder sie übernimmt. Deshalb hat jeder auch Zeiten für sich selbst; bei mir ist das dann eher eine sportliche Betätigung. Gleichzeitig sichern wir uns mit Hilfe von Babysittern bzw. den Großeltern Zeiten exklusiv für uns als Paar.

Ansonsten ist der Blick in meinen Terminkalender eine Mischung aus wunderbar und furchtbar. Das Wunderbare: Es gibt fast keine Fixtermine! Das hat mich am Anfang irrsinnig befreit. Das ist aber auch das Furchtbare: Es gibt fast keine Fixtermine! Jetzt stehe ich vor einem leeren Terminkalender und muss schauen, wie ich zu außerkindlichen Kontakten komme. Das ist manchmal ganz schön anstrengend.

Viel Halberledigtes

Die Haushaltsführung ist im ersten Jahr wie nebenbei gelaufen und ich habe für das Gefühl meiner Frau viel zu wenig gejammert. Doch jetzt haben wir ein Haus und Zwillinge dazu und da sieht die Welt ein wenig anders aus. Es gibt jetzt in Haus und Garten viele halb- und unerledigte Sachen, weil ich neben den Kindern zu sehr wenig komme. Mit diesem halbfertigen Haushalt tue ich mir schwer. Manchmal nehme ich es mit Humor. Ein ‚running gag’ zwischen meiner Frau und mir lautet: „Gestern habe ich gesaugt!“ Und dann passiert es, dass meine Frau mit den Kindern im Garten ist, damit ich endlich zum Saugen komme. Plötzlich springt Samuel auf: „Ich muss schnell ins Haus, um zu hören wie der Papa beim Saugen singt!“

Mann he, Papa

„Mann he, Papa“ diesen Satz sagen im Spaß meine drei Kinder öfter zu mir. Offensichtlich färbt meine Sprache ab. Gleichzeitig fühle ich mich in meinem Vaterschaftsurlaub auch in besonderer Weise männlich und das, obwohl ich eine traditionelle Frauenrolle übernehme. Eigentlich war es immer schon ein Lebenstraum von mir, auch in diesem Revier einmal meinen Mann zu stellen und diese Herausforderungen mit meiner Frau zu teilen.
Deshalb bin ich auch dankbar: Meiner Frau, die mir das Vertrauen entgegengebracht hat, dass ich die Kinder und den Haushalt schon schaukeln werde. Meinem Arbeitgeber, der sich auf das Hin und Her von „Bin weg“ und „Bin wieder da“ eingelassen hat. Und dir, lieber Steuerzahler, weil du mir es finanziell ermöglichst. Ich bin tatsächlich froh und dankbar, dass wir in Österreich die Möglichkeit haben, Zeit mit unseren Kindern zu verbringen und dafür eine finanzielle Basis bekommen.