Männer zwischen 30 und 40 haben die stärkste Zunahme an Arbeitslosigkeit – eine Zielgruppe, die bisher kaum damit zu rechnen hatte. Es trifft sie nicht nur materiell, sondern auch in ihrer Männerseele. Peter berichtet, wie es ihm derzeit ergeht.

von Peter Ladstätter

„Und was schaffasch Du?“ – „I bin arbeitlos.“ – „Ah, so ...?!?“ . Vor eineinhalb Jahren hätte ich mir diese Art von Gespräch für mich nicht vor-stellen können. Aber dann ist es sehr schnell gegangen. Die Buchhandlung, in der ich elf Jahre gearbeitet hatte, wurde geschlossen und ich stand „auf der Straße“, wie man so schön sagt.

Den ersten Monat in der Arbeitslosigkeit, habe ich noch recht gut hinter mich gebracht: lang liegengebliebene Arbeiten konnte ich angehen, endlich einmal den Griff der Kommode anleimen, der bei jedem Öffnen der Schublade abgegangen ist... Beim AMS habe ich mich natürlich auch gemeldet. Auf Suche nach einer neuen Arbeitsstelle war ich schon vorher gegangen, ohne Erfolg. Dann kam das Angebot, wieder in einer Buchhandlung zu arbeiten, aber die schlechte Wirtschaftslage und die Kleinheit der Buchhandlung ließen nach zwei Monaten eine Weiterbeschäftigung nicht zu. Also bin ich seit 1.1.2003 wieder arbeitslos. Und bin es immer noch.

Von Schluchten und Gipfeln

Die vergangenen Monate waren hart, ein Gang durch Schluchten und Gipfel der Gefühle, der Gesundheit, der Beziehung. Im Januar konnte ich mich nicht mehr so leicht ablenken von der Situation, zumal ich dann auch noch krank wurde. Meine Frau meinte, sie wisse schon, warum ich krank sei. Das habe wohl mit dem Schock zu tun, dass ich die Arbeit verloren habe. Wenn ich darüber nach-dachte, so musste ich ihr recht geben. Und so ist es auch geblieben. Denn immer noch bin ich anfällig - sitze auch heute wieder mit einer Verkühlung vor dem PC und schreibe diese Zeilen.

Die Absagen zu den Bewerbungen, die ich schon versendet oder übergeben habe, nehmen mich stark mit, lassen mich immer wieder an mir selbst zweifeln, unter-graben mein Selbstwertgefühl. Tiefe Schluchten der Verzweiflung und des Selbstmitleids tun sich auf. Hin und wieder gelingt es mir, wieder einen Berg zu erklimmen, besonders wenn ich mich wieder voller Hoffnung und Überzeugung an Bewerbungen und Gespräche mache. Vom AMS kommt so gut wie keine Hilfe. Ich muss mich selbst auf die Füße stellen und das gelingt einmal besser, einmal schlechter.

In der Beziehung geht es auch drunter und drüber. Meine Frau, von Beruf Hebamme, hat das gleiche vor etwa zwei Jahren mitgemacht, als sie gekündigt wurde. Sie hat sich inzwischen mit zwei Kolleginnen an die Gründung einer Hebammenpraxis gemacht. Sie hat viele Zweifel, ob das mit der Praxis alles gut geht und dabei natürlich auch meine Situation im Hinterkopf. Ich unterstütze sie in dieser Phase fest, aber das braucht sehr viel Energie. Wir selbst als Paar bleiben auf der Strecke.

Erst müssen Teller fliegen

Der Kampf um die Arbeit ist eine ständige Art von Ablenkung, denn wir reden selten über uns, wie es uns geht, was uns beschäftigt. Das geht so weit, dass die Teller fliegen müssen, bis wir wieder miteinander reden können, ich meine Tränen laufen lassen kann ob meiner Situation, ob der Trauer über die verlorene Arbeit, und wir uns wieder umarmen können. So sehr hatte ich mich danach gesehnt, einfach wieder einmal in den Arm genommen zu werden.

Derzeit befinde ich mich auf einer Ebene und laufe dahin, halte Ausschau nach den Gipfeln, die ich im Traum gesehen habe, von denen ich weiß, dass es sie gibt. Ich versuche den Schluchten fern zu bleiben oder sie nach Möglichkeit zu überspringen. Hin und wie-der werde ich an deren Rändern stehen, werde ich auch hineinfallen, aber ich habe den festen Willen, wieder herauszuklettern, um mich wieder auf die Suche nach den Gipfeln zu machen.