Betreff: Blaue Pillchen beleben Geist und Körper. In Werbe-Mails wird immer wieder mit Rückmeldungen zufriedener Kunden für Viagra zum Sonderpreis geworben - und doch verraten die Aussagen im Grunde viel.

Von Markus Hofer

Therapeuten berichten, dass Männer sich zunehmend auch distanziert über ihren Viagra-Gebrauch äußern. Sie bekunden mit einem gewissen Unbehagen, dass sie immer wieder das Gefühl hätten, es seien nicht sie selber. Genau davon aber schwärmt ein anscheinend noch glücklicher Kunde im Werbemail: „Das Beste an Viagra ist die Sicherheit, das Gefühl, dass man ‚mit Autopilot fliegt’.“ Möglicherweise ist aber genau das die Sache, die auf Dauer nicht nur lustig sein muss: wenn es quasi nur der „Autopilot“ ist und nicht ich selber. Vielleicht liegt hier der Grund für das, was auf Dauer auch Unbehagen auslöst.


Ein anderer Kunde meint: „Unser Sex ist befriedigender denn je. Stress und Leistungsdruck verschwinden. Sie ist nie wieder frustriert und ich habe keine Angst mehr zu versagen.“ Keine Frage, Stress und Leistungsdruck gehören zu den größten Lustkillern. Die Gegenfrage wäre, ob auf Dauer Offenheit und Ehrlichkeit nicht die gesünderen und nachhaltigeren Lösungen wären.


Der Clou ist folgende Aussage: „Sagen Sie ihr nicht, dass sie es verwenden. Das weibliche Selbstgefühl ist genauso verletzlich wie das unsere.“ Wird zuerst von der großen Stressfreiheit geschwärmt, scheint sich zuletzt die Katze doch in den Schwanz zu beißen. Der so stressfreie Sex gerät plötzlich wieder unter den Druck, dass sie ja nicht erfahren darf, dass nicht ich es bin, sondern der Autopilot. 


Wäre ehrlicher Sex, wenn auch nicht so automatisiert perfekt, letztlich nicht ein noch befriedigenderes Gefühl? Wege aus der sexuellen Stressfalle gäbe es viele, aber da müssten wir halt auch reden statt nur Tabletten nehmen!