Im Mittelalter war die Geschichte von Parzival einer der meist erzählten in Europa. Alte Sagen haben meistens einen zeitlosen Kern. Bei Parzival geht auch es darum, dass sich die jungen Männer auf den Weg machen müssen.

Von Markus Hofer

Einen ganzen Tag ritt der junge Parzival einem seichten Bach entlang, den er sich nicht zu überqueren traute. Einer der Ratschläge seiner besorgten Mutter hieß nämlich, er solle dunkle Furten meiden. Dass der Bach keine dunkle Furt war, sondern nur im Schatten lag, konnte der junge Möchtegern-Ritter noch nicht erkennen. Eigentlich sollte er überhaupt bei Mama bleiben, weshalb sie nach dem Tod des Vaters mit dem kleinen Jungen in eine Einöde zog, um ihn nicht auch noch zu verlieren. Doch kaum hatte er den ersten Ritter gesehen, war es aus mit ihm, musste er sich aufmachen, kannte er nur noch ein Ziel. Das Ziel steht noch in weitester Ferne, irgendwann wird Parzival Gralskönig werden, aber vorerst ist wichtig, dass er sich einmal aufmacht. 


Seine ersten Taten oder besser Untaten sind geprägt von Ahnungslosigkeit, Unwissen und Unreife. Die vom vorangegangenen ehelichen Akt noch leicht schwitzende, im Halbschlummer kaum bedeckt im Zelt liegende Herzogin vergewaltigt er fast in falsch angewandter Erinnerung an Mamas Ratschlag: Wenn du den Ring einer Frau erringen kannst, dann greife zu; eigentlich wollte sie ihn nur unter der Haube haben. Den roten Ritter mit der blendenden Rüstung erschlägt er meuchlings, um endlich auch zu so einer Rüstung zu kommen. Erst am Hof des weisen Gurnemanz erhält er seine männliche Aufklärung, erfährt er, was Anstand und Sitte sind, wie ein Mann zu kämpfen hat. Unreif und Unfertig macht er sich auf. Genau das ist vorerst aber wichtig, denn junge Männer sind keine Äpfel, die vom Lagern reif werden. Allerdings brauchen sie eine reife Begleitung.