Die sommerlichen Unruhen in London hinterließen in der britischen Gesellschaft viel Ratlosigkeit. Es sind Jugendliche, vorwiegend männlich, die genug zum Leben haben, aber es fehlen ihnen die Perspektiven.

Von Markus Hofer

Letzten Sommer brannten in London Häuser. Geschäftslokale wurden geplündert. Gruppen von Jugendlichen gingen auf die Straße in einer Mischung aus Protest und Radau. Man suchte nach beruhigenden Erklärungen, aber irgendwie lag keine auf der Hand. Es war nämlich nicht nur ein Aufstand der Armen.


Da gab es Söhne und Töchter aus gutem Hause, die noch schnell was mitgehen ließen nach dem Motto: Endlich etwas los! Endlich Action! Man darf so etwas getrost Wohlstandsverwahrlosung nennen. Es waren Jugendliche, die Jungs dominierten, die alles zum Leben haben, die wohlumsorgt und auch verwöhnt sind, aber vermutlich fehlen ihnen die eigenen Ziele im Leben. Sie scheinen vergessen zu haben, dass die Eltern ihr Geld auch erst erarbeiten mussten.


Dann gab es natürlich die Jugendlichen aus den Zuwanderergruppen. Auch hier wieder dominierten die Jungs. Aber auch sie rebellierten nicht, weil sie Hunger hatten. Diese Gruppen sind im britischen Sozialsystem materiell gut abgesichert, doch es fehlt ihnen die Perspektive. Wie es schon in der Bibel heißt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. 


Da gibt es Familien, in denen schon seit drei Generationen niemand gearbeitet hat, wohlversorgt von Papa Staat. Versorgt zu sein allein schafft aber auf Dauer nicht die nötigen Lebensperspektiven. Bei diesen Jugendlichen war viel Verdruss und Resignation dabei, die vor allem bei jungen Männern bald einmal aggressive Kanäle finden. Wahrscheinlich greift eine Sozialpolitik zu kurz, die nur fördert ohne auch zu fordern. Erst dann entwickeln sich neben der materiellen Versorgung auch echte Lebensperspektiven.