Nicht jeder vermeintliche Zappel-Philipp hat gleich ADHS, eine Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung. Es ist nötig genauer hin zu sehen – das aber braucht Zeit.

Von Markus Hofer

Experten vermuten, dass heute zu oft und zu schnell ADHS diagnostiziert wird. Die American Psychiatric Association hat fünf Kriterien erstellt, die alle erfüllt sein müssen, damit zu Recht ADHS diagnostiziert werden kann (vgl. Sax, Jungs im Abseits, München 2009):

 

  1. Hyperaktivität/Impulsivität oder Unaufmerksamkeit. Das ist das entsprechende Verhalten, das sehr leicht festgestellt werden kann.
  2. Die Symptome treten vor dem siebten Lebensjahr auf. Die Probleme, die zu einer Beeinträchtigung führen, müssen schon früh auftreten.
  3. Die Symptome treten in mehreren Bezugssystemen auf. Dieses Verhalten müssen die Kinder sowohl zuhause, in der Schule oder auch bei Sportvereinen usw. zeigen. Legt ein Bub das Verhalten nur in der Schule an den Tag, nicht aber zuhause, dann ist es ratsam genauer zu schauen, was in der Schule los ist.
  4. Es muss zu signifikanten Beeinträchtigungen im sozialen Bereich oder in der Lernleistung kommen. Nur ein besonders lebendiger Bub mit großem Bewegungsdrang zu sein, reicht nicht aus. Das Verhalten muss tatsächlich zu beträchtlichen Einschränkungen im Lernen oder in den zwischenmenschlichen Kontakten führen (wird gemieden etc.).
  5. Die Symptome sind nicht durch ein anderes psychisches Störungsbild besser erklärbar. Lustlosigkeit und Unruhe können entwicklungsbedingt sein bzw. alle möglichen Ursachen haben. ADHS sollte erst diagnostiziert werden, wenn andere, vielleicht nahe liegendere Ursachen ausgeschlossen werden können. Gerade dieser Punkt ist ein Kriterium, das nicht in einem kurzen Gespräch in der Arztpraxis abgeklärt werden kann.

Hier bei „Störungen“ erst einmal genauer hin zu sehen, ist natürlich etwas, das Zeit braucht. Aber die müssten uns die Buben unbedingt wert sein!