Die Rede von Königen oder Hofnarren soll nicht überholte Männerbilder aufwärmen. Doch die Männer früher standen teilweise vor ähnlichen Herausforderungen wie heute. Das gilt sogar für die alten Ritter.

Von Markus Hofer

Die zentrale und edelste Aufgabe des mittelalterlichen Ritters war es, die „maze“ zu finden, wie es damals hieß. Das ist nichts anderes als „das rechte Maß“ und zwar zwischen „aventiure“ und „minnedienst“. Die „aventiure“, darin steckt natürlich unser Wort Abenteuer, ist letztlich nichts anderes als der Beruf, die Karriere, der Sport, das Hobby, das politische Engagement. Die Verpflichtung der anderen Seite ist der „minnedienst“, wörtlich übersetzt der „Liebesdienst“, und der steht natürlich für die Partnerschaft, für Freundschaften, für das Vatersein, die Familie und das Heim. Offensichtlich ist die Herausforderung an einen Mann heute gar nicht so viel anders als die an einen mittelalterlichen Ritter.


Der mittelhochdeutsche Dichter Hartmann von Aue hat zwei große Ritterepen geschrieben, den Erec und den Iwein. Aus heutiger Sicht würde man sagen, das waren Erziehungsromane für Männer, die ihnen in zwei extremen Beispielen die Gefahren ihres Ritter- oder Mannseins aufzeigen sollten. Das eine Beispiel war der Ritter Iwein, aus heutiger Sicht der klassische Macho, und das ist der, der sich „verrîtet“, wie es auf mittelhochdeutsch heißt. Er „verreitet sich“, d.h. er findet vor lauter Abenteuer, Beruf und Angeberei den Weg nach Hause nicht mehr. Erec, sein Gegenstück und aus heutiger Sicht natürlich der Softie, der „verlîget“ sich, wie es bei Hartman heißt. Er „verliegt sich“, d.h. er kann sich nicht lösen vom Busen seiner Geliebten, kommt gleichsam nicht mehr aus dem Bett heraus und versumpft im häuslichen Wohlergehenlassen. 


Im Grunde stehen wir Männer heute vor derselben Herausforderung wie die alten Ritter. In diesem Sinn brauchen wir nicht unbedingt „Neue Männer“, wie man so oft hört, sondern eher solche, die sich neu ihren ritterlichen Herausforderungen stellen.