Nach den männlichen Urbildern des Königs, Kriegers und Magiers geht es endlich um den Liebhaber. Doch der hat nicht nur mit Erotik und Sex zu tun, da geht es noch um viel mehr.

Von Markus Hofer

Der Archetyp des Liebhabers ist mehr als das, woran Sie jetzt vielleicht gerade denken; aber er hat natürlich schon auch damit zu tun. Der Liebhaber ist zuständig für die Farbe im Leben, für Schönheit und Genuss. Manche Männer leben nur im Kopf: alles muss zweckmäßig, nüchtern überlegt und ordentlich sein. Alle bunten Ränder werden gleichsam abgeschnitten. Andere rackern und leisten, unermüdlich kommen sie nicht zur Ruhe: Hauptsache das Werk’l funktioniert ständig. Wo aber bleibt da das Leben?, fragt sich der innere Liebhaber.


Der Liebhaber im Mann weiß, dass es nicht nur den Kopf gibt, sondern auch das Herz, nicht nur die Zweckmäßigkeit, sondern auch die Schönheit, nicht nur die Arbeit, sondern auch die Muße. Es geht um Erotik und Sexualität, aber auch um Essen und Trinken, um Geschmack und Schönheit, um Lebensfreude, Spontaneität und Lebenssinn. Der Liebhaber kann genießen; und letztlich werden wir, erst wenn wir genießen können, auch selber wirklich genießbar. Der Liebhaber ist der, der auch einmal im Gras liegen und den Wolken zuschauen kann. Er freut sich über die Dinge, kann staunen oder sich begeistern, kann aber auch in der Stille mit sich allein sein ohne die Angst etwas zu versäumen. 


„Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst“, heißt es schon in der Bibel. Der Liebhaber hat nicht nur mit dem Liebhaben von anderen zu tun, sondern auch mit dem Liebhaben von sich selber. Ein Mann, der einen guten Zugang zum Liebhaber hat, kann sehr gut mit sich allein sein, kann viel mit sich selber anfangen. Er braucht nicht immer Action und hat nicht ständig das Gefühl irgendwo etwas zu versäumen. Für ihn gilt in besonderem Maße, was der Schriftsteller Milan Kundera so schön formuliert hat: „Wer Gott ins Fenster geschaut hat, langweilt sich nie.“