Frisch Verliebte können nächtelange Beziehungsgespräche führen. Sie freut sich, dass sie einen Mann gefunden hat, mit dem man reden kann. Doch im Ehe-Alltag spießt es sich dann wieder.

Von Markus Hofer

Kommt Ihnen folgendes Szenario vielleicht bekannt vor: Die Frau appelliert verzweifelt an ihren Mann: „Schatz wir müssen reden?“ Der hat zwar nicht seine Sprache verloren, aber er mauert, blockt ab oder wird sogar aggressiv. Sie ist aber nur noch ratloser, weil das ersehnte Gespräch nicht zustanden kommen will. Aber auch dann, wenn beide etwas krampfhaft versuchen zu reden, enden solche Gespräche nicht selten im Chaos und der Konflikt eskaliert erst recht. Beide meinen es beide, doch irgendetwas scheinen sie falsch zu machen.

Es gibt zwischen Männern und Frauen eine Dynamik, die uns wenig bewusst ist, aber unterschwellig sehr schnell anspringt. Wenn die Frau mit dem Mann reden möchte, dann will sie dadurch die Beziehung wieder intensivieren und Nähe herstellen, die sie vielleicht seit einiger Zeit vermisst. Durch den Appell „Wir müssen reden!“ fühlt sich aber der Mann seinerseits verunsichert und in Frage gestellt. Seine spontane Reaktion ist: „Was habe ich schon wieder falsch gemacht?“

Vermutlich ist es einfach der falsche Weg, wenn man durch Gespräche die Verbundenheit wieder herstellen will. Wahrscheinlich müssen wir umgekehrt erst wieder die Verbundenheit herstellen, damit die Gespräche gelingen. Ein Paar ging früher oft gemeinsam in den Weinkeller um zu schauen, welche Flasche für den Abend gerade gut genug wäre. Dann redeten sie manchmal stundenlang miteinander. Mit der Zeit haben sie dieses Ritual vergessen und die Frau klagt: „Wir reden nie mehr miteinander!“ Der Mann erwidert ihr: „Du sagst aber auch nie mehr ‚Schatz, gehen wir in den Weinkeller?’“