Manchmal harren Menschen lange in völlig einseitigen Beziehungen. Wenn wir unsere eigene Würde verlieren, ist nicht nur der Partner schuld.

Von Markus Hofer

Eine Frau erzählte mir, dass sie in einer Beziehung fünf Jahre lang alles gegeben habe. Sie wollte alles tun, um für ihn alles zu sein. Und was hat sie dafür bekommen? Eigentlich soviel wie nichts. Stattdessen habe er sie immer wieder gekränkt und gedemütigt.

Füreinander und einander aus Liebe alles zu tun, klingt natürlich wunderbar, sehr romantisch, aber – seien wir ehrlich – auch sehr verklärt. Abgesehen davon kann es vermutlich auf Dauer nur sinnvoll sein alles zu geben, wenn man dafür auch alles bekommt. Doch viel eher möchte ich ein grundsätzliches Fragezeichen hinter dieses „alles“ setzen. Vermutlich ist „alles“ immer zu viel. Wenn Sie ein älteres, erfahrenes Ehepaar fragen, werden Sie wahrscheinlich nur ein vielsagendes Schmunzeln ernten.

Es steckt eine große Falle dahinter. Das flehentliche „Ich habe ALLES für ihn oder sie getan“ kommt meist aus völlig einseitigen Beziehungen. Die erwähnte Frau, hat alles für ihn getan und ist stattdessen gedemütigt worden. Bei Männern kenne ich es aus Trennungs-Situationen. Da lautet dann die Falle der Männer: Ich tue alles für sie, damit sie bleibt. Genau das aber ist vermutlich der Fehler, denn dieses „alles“ ist für den anderen zu viel. Gleichzeitig kriegt es etwas Würdeloses. Der Versuch, einen Partner zu halten, indem man alles tut, geht im Normalfall daneben. Es ist gut gemeint und statt das Muster zu ändern, gibt man eher noch mehr. Irgendwann liegt ein Teil auf den Knien und der andere tritt vielleicht sogar noch drauf. Wenn wir die eigene Würde opfern, gewinnen wir nichts.