Wann beginnt das Leben?, fragt ein jüdischer Witz. Wenn die Kinder aus dem Haus und der Hund tot sind!, lautet die Antwort. Recht besehen ist das Älterwerden ist eine Chance, wenn man sich ihr stellt.

Von Markus Hofer

Mit dem Älterwerden tun wir Männer uns nicht immer leicht. Altwerden ist nämlich nichts für Feiglinge. Zuerst heißt es: Leistung, Erfolg und Anerkennung. Jung, stark und immer gut drauf. Dann kommt das sogenannte „beste Mannesalter“, von dem wir vielleicht naiv glauben, dass uns da alles nur noch zufliegt. Stattdessen entpuppt es sich nicht selten als die schwierigste Lebensphase, die von verschiedenen Krisen geprägt ist und mit Veränderungen, mit denen wir einfach nicht gerechnet haben. 


Wir Männer haben zwar den Aufstieg gelernt, aber nicht den Abstieg und gehen arglos davon aus, es ginge einfach so weiter. Das Leben schlägt Wunden, doch viele versuchen es unter den Teppich zu kehren. Manche werden depressiv und erstarren in ihrer Lebensfreude. Andere spielen weiter den jugendlichen Helden und spüren nicht, dass sie langsam zum alten Narren werden. Die Lebensmitte ist für uns Männer eine große Chance der Verwandlung. Doch diese Verwandlung verlangt von uns einiges an Geduld. Plötzlich geht es um Dinge, die wir nicht mehr wie früher durch Kraft und Einsatz verändern können. Die neuen Qualitäten müssen wir manchmal mühsam erst entdecken.


Erfolg kann uns ab der Lebensmitte nichts mehr lehren, stattdessen haben wir die Chance reifer und weiser zu werden. Wenn wir loslassen, statt noch mehr Gas geben, langsam heimkommen statt davonrennen, dann können wir auch die Früchte des Lebens genießen: eine größere Gelassenheit im Alltag, eine neue Ehrlichkeit, nichts mehr zu müssen, nur noch zu können und zu dürfen, Zeit zu haben für das, was einem wirklich wichtig ist, nicht mehr immer funktionieren zu müssen, ausruhen zu dürfen ohne schlechtes Gewissen, wohlwollen für andere da sein zu können, sich selber zu finden und manchmal vielleicht auch von Herzen ein Narr zu sein.