Leben ist immer lebensgefährlich, schrieb einst Erich Kästner. Manchmal kommt es einfach ganz anders. Doch auch aus tiefen Krisen können sich schöne Lebensgeschichten entwickeln, wie die heutige Männersache zeigt.

Von Markus Hofer

„Vom Manager zum Leihopa“ könnte man Peters Lebensgeschichte übertiteln. Er ist heute neunundsechzig und vieles ist in seinem Leben anders gekommen. Als erfolgreicher Berufsmann tourte er durch halb Europa. Nach fünfundzwanzig Jahren Ehe, drei Kindern, zwei Mal Hausbau und Scheidung nach der Silberhochzeit kam noch ein Herzinfarkt. Als er seine spirituellen Wurzeln wieder fand, überwand er seine Angst vor einer Herzoperation.


Den Beruf, der ihn als Mann ausmachte und den er schlagartig verloren hatte, konnte er nicht mehr ausüben. So jobbte er sieben Jahre lang als Erwerbsunfähigkeits-Rentner, bis er auf die Idee kam im Kindergarten vorzulesen, eine neue Lebensspur, die er als „innere Freiheit des Alters“ bezeichnet. Da seine Enkel weit entfernt leben, entschied er sich zum ehrenamtlichen Vorleseopa. Als er auch noch Leihopa werden wollte, gab es allerdings Probleme. Die Eltern, übrigens besonders die Väter von Töchtern, hatte Bedenken gegen einen fremden Mann in der Familie, der sich um die Kinder kümmern wollte.


Peter gab nicht auf. Als einziger Mann absolvierte er einen Tagespflege-Lehrgang, von den Tagesmüttern bestaunt wie ein bunter Vogel. Mit dem staatlichen Zeugnis ging es dann aufwärts mit seiner Zweitkarriere als Leihopa.


„Meine Enkel,“ sagt Peter, „sowohl die leiblichen wie die geliehen, geben mir viel. Manchmal ist mir, als ob ich endlich über meine verlorene Kindheit trauern könnte. Meine geliebten Leihenkel sollen fähig werden, ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen und dahin begleite ich sie. Mein eigenes Leben ist seither viel ausgeglichener.“