Mit 1. Oktober 2021 gab es bei der KPH Edith Stein (Kirchliche Pädagogische Hochschule) gleich eine zweifache Änderung - PD Dr. Petra Steinmair-Pösel wechselte von der Institutsleitung in Feldkirch nach Innsbruck, wo sie nun Rektorin ist. Ihr folgte PD Dr. Teresa Peter als Institutsleiterin in Feldkirch nach.

Frau Steinmair-Pösel, Sie verlassen Die KPH Feldkirch nach mehr als vier Jahren. Wo steht die KPH heute?

Petra Steinmair-Pösel: Eine meiner Hauptaufgaben, als ich an die KPH kam, war es, den Schwerpunkt Religionspädagogik in Feldkirch aufzubauen. Als ich ans Institut kam, war gerade  die Lehrerbildung neu eingeführt worden - da war noch nicht klar, wie die Ausbildung in Feldkirch funktionieren soll. Mit dem Primarstufenstudium für Volksschulen können sich die Lehrer/innen ja eigene Schwerpunkte setzen, wobei Religionspädagogik nur noch an den kirchlichen Hochschulen angeboten werden darf. Es war also eine Herausforderung, hier die Kooperation mit den Pädagogischen Hochschulen in die Wege zu leiten und das auch in der Praxis umzusetzen, was inzwischen sehr gut funktioniert. Dem herrschenden Religionslehrer/innenmangel versuchen wir zudem entgegenzuwirken, indem wir das Studium auch für Menschen geöffnet haben, die bereits ein Lehramtsstudium absolviert haben und für Menschen, die quer einsteigen möchten.

Frau Peter, was sind für Sie die ersten großen Aufgaben, denen Sie sich stellen werden?

Teresa Peter: Da ich erst seit 1. Oktober hier bin, sind meine ersten Eindrücke und Perspektiven gerade im Entstehen. In den vergangenen Jahren ist bezüglich Religionslehrer/innen-Ausbildung vieles in die Wege geleitet worden. Heuer starten wir mit einer sehr heterogenen Gruppe von 15 Personen, die ganz unterschiedliche Hintergründe mitbringen. Derzeit ist es so, dass wir diese zweijährige Ausbildung jährlich anbieten können, d. h. dass zwei Gruppen bei uns studieren, eine im ersten und eine im zweiten Ausbildungsjahr. Diese erfreuliche Situation verdanken wir u. a. der engagierten Arbeit von Petra. Mein Ziel ist es, diese Entwicklung weiterzuführen, zu fördern und noch mehr zu stärken. Ein weiteres Ziel ist die sensible Wahrnehmung des Kontextes, in dem wir heute religiöse Bildung anbieten. Ein wachsender Anteil der Schüler/innen ist ohne Bekenntnis oder gehört einer anderen religiösen Gruppe an. Auch unter den formal katholischen Schüler/innen ist eine große Heterogenität zu finden, d. h. dass sich neben sehr religiösen Schüler/innen viele finden, die mit ihrer eigenen Herkunftsreligion - wenn man so will - nur wenig anfangen können. Ich denke, dass es darum geht, einerseits selbstbewusst den Religionsunterricht, der sich bewährt hat, anzubieten, auch wenn die Zahlen zurückgehen und andererseits hellhörig und offen zu sein für neue Entwicklungen, die erst im Entstehen sind und erprobt werden wollen.

Wie beurteilen Sie die Entscheidung, dass es Ethik als Pflichtfach gibt?

Steinmair-Pösel: Für mich war das keine Überraschung. Ethikunterricht ist sehr positiv beworben worden. Es ist auch eine wichtige Alternative für Schüler und Schülerinnen, die sich religiös nicht beheimatet fühlen. Ich finde es in einer pluralistischen Gesellschaft auch wichtig, dass es ein Fach wie Ethik gibt. Ethische Bildung erhält man ja auch im Religionsunterricht. Ich finde es umgekehrt gut, dass man im Lehrplan für Ethik etwas über die Religionen lernt. Zudem bilden wir an der KPH ja selber Ethiklehrer/innen aus. Wichtig ist bei der Ausbildung, dass Ethik und Religion nicht konträr verstanden werden dürfen.

Peter: Das kann ich nur bestätigen! Dennoch denke ich, dass nicht unterschätzt werden sollte, dass die Schulfächer Ethik und Religion unter einer bestimmten Hinsicht eben doch in einem Konkurrenzverhältnis stehen. Theoretisch könnte das eine Fach das andere auch verdrängen. Daher ist es mir wichtig, in diesem Zusammenhang einen wertschätzenden und respektvollen Umgang miteinander zu pflegen, der aber auch beinhalten kann Konflikte und Spannungen anzusprechen. Nicht hilfreich erscheint es mir hingegen, diese verschiedenen Zugänge gegeneinander auszuspielen. Schließlich verbindet uns doch auch ein gemeinsames Anliegen, nämlich junge Menschen zu unterstützen, in weltanschaulichen Fragen selbst zu tragfähigen Entscheidungen zu kommen und darüber auskunftsfähig zu werden!

Steinmair-Pösel: Aktuell läuft in Kooperation mit der KPH Wien-Krems auch ein Forschungsprojekt zur Implementierung des Ethikunterrichts. Dabei wird erforscht, mit welcher Motivation Schüler/innen Ethik wählen, was sie sich dabei erhoffen und erwünschen und welche ethisch-moralischen Kompetenzen mit dem Ethikunterricht entstehen. Es geht darum, zu schauen, was es braucht, damit der Ethikunterricht an den Schulen gut funktioniert.

Was unterscheidet den konfessionellen Unterricht vom Ethikunterricht?

Peter: Religion ist mehr als Ethik und - meiner Ansicht nach - beginnt Religion auch nicht mit Ethik. Das gilt es immer wieder zu betonten, gerade weil für viele Menschen Kirche und Katholizität immer noch in erster Linie mit Verhaltensnormen verbunden werden. Religion bedeutet für mich zunächst das Kennenlernen einer Weltanschauung, welche - im Fall der christlichen Religion - auf einer Beziehungserfahrung beruht. Unser ganzes Leben und unsere ganze Welt sind aufgehoben in einer Gotteswirklichkeit, die Heil und Leben in Fülle verspricht. Von dorther können dann auch Fragen der Ethik betrachtet werden.

Steinmair-Pösel: Ethikunterricht schaut auf die Religion aus einer Außenperspektive - ich schaue mir die verschiedenen Religionen religionswissenschaftlich an. Im Religionsunterricht können die Schüler/innen im Gegensatz dazu anhand einer Lehrperson den Glauben „aus erster Hand“ kennenlernen. Nicht nur über die Religion, sondern auch in ihr lernen.

Welche Rolle spielt die Forschung an der KPH? Steht diese im Widerspruch zur Praxisausbildung?

Peter: Prinzipiell streben wir in der KPH - übrigens ebenso wie das auch die Universität tut - forschungsgeleitete Lehre an. Damit ist gemeint, dass die Lehre sich an aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert und diese auch bis zu einem gewissen Maß weitervermittelt. Das ist ein hehres Ziel, an welchem man sich aber orientieren kann. So betrachtet bilden Forschung und Ausbildung keinen Widerspruch. Dennoch ist es so, dass an unserem Institut Forschung eine geringere Rolle spielt, als das an der Universität der Fall ist.Steinmair-Pösel: Bei der Frage wurde zudem ein wesentlicher dritter Bereich vergessen - die Fort- und Weiterbildung. Sich immer fortzubilden und zu wachsen ist das Entscheidende für den Unterricht.

Wie erreicht man heute noch junge Menschen mit Religionsunterricht?

Steinmair-Pösel: Unser Anliegen ist es, die Lehrer/innen ständig fort- und weiterzubilden, dass sie gut gerüstet sind für den Unterricht. Wir wollen mit guten Referent/innen und kompetenter Begleitung den Lehrer/innen ermöglichen, am Puls der Zeit zu bleiben. Die Schwierigkeit für uns ist natürlich, dass wir nicht alle Religionslehrer/innen erreichen - es kommen oft nur die engagierten zu uns. Auch die Ausgangssituation der  Schüler/innen ist unterschiedlich - viele kommen heute erst in der Volksschule in Kontakt mit Religion. Das ist dann eine riesige Chance, wenn Lehrer/innen glaubhaft und sympathisch unterrichten können.

Peter: Indem wir zu leben versuchen, was wir lehren - und das inmitten der alltäglichen Freuden und Ängste, Sorgen und Hoffnungen. Junge Menschen sind früher oder später mit weltanschaulichen Fragen konfrontiert. Wenn es uns gelingt, hier immer wieder mal eine sensible Begleitung anzubieten, in der einerseits zugehört wird und in der anderseits das eingebracht wird, was uns als Christ/innen wichtig ist, dann haben wir am Reich Gottes mitgearbeitet.

Zur Person

Teresa Peter
(Foto: Privat)

Teresa Peter
Die gebürtige Vorarlbergerin studierte in Innsbruck und Pune (Indien) Religionspädagogik und Theologie. Nach der Promotion war sie am Institut für Praktische Theologie und danach am Institut für Systematische Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät in Innsbruck als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig. 2019 habilitierte sie im Fach Fundamentaltheologie und sammelte auch Erfahrungen in der pastoralen Arbeit und im Schuldienst. Mit 1. Oktober trat sie die neue Stelle als Institutsleiterin der KPH Feldkirch an.

Petra Steinmair-Pösel
(Foto: Privat)

Petra Steinmair-Pösel
Sie studierte in Innsbruck und Dublin Theologie und Christliche Philosophie. Nach dem Grundstudium unterrichtete sie zunächst an verschiedenen Schulen, bevor sie an die Universität zurückkehrte, um ein Doktoratsstudium zu absolvieren. Darauf folgten Stationen als Frauenreferentin der Katholischen Kirche Vorarlberg sowie als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Univ. Wien. 2017 habilitierte sie im Fach Christliche Sozialethik. Im selben Jahr wurde sie zur Institutsleiterin an der KPH in Feldkirch bestellt. Seit 1. Oktober 2021 ist sie nun Rektorin.