Die 1962 in Linz geborene Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner will mit ihrer literarischen Abhandlung über Wut ein angeblich negatives Gefühl zum Positiven wenden. Denn sie weiß nur zu gut, was geschehen kann, wenn zermürbende Emotionen zu lange aufgestaut werden: Ihre Wege führen oft ins Gefängnis, wo sie hilft, das Verhalten von Schwerstverbrechern zu dekodieren. Zum Glück findet sie ihren Beruf unglaublich spannend, denn sie sieht den Menschen im größeren Kontext seiner Vorgeschichte.

von Aglaia Maria Poscher-Mika

Sie hat berühmte Fälle wie Josef Fritzl, Estibaliz Carranza und Florian Teichtmeister sowie die Causa Kremsmünster analysiert und ist zu dem wichtigen Schluss gekommen: Wut darf, ja sie muss gefühlt werden! Doch sie ist keinerlei Freibrief für Aggression. Kastner setzt genau da an, wo Wut zum Potential wird: Wir dürfen sie als genauso reales und legitimes Gefühl annehmen, wie wir es mit der Freude, Liebe oder Trauer tun. Die Herausforderung kommt erst wenige Millisekunden später: Wie gehe ich mit meiner Wut um? Sie kann ein wertvoller Indikator dafür sein, was im Leben gerade zur Veränderung drängt. Wenn wir ehrlich sind, glauben wir meistens, dass der Fehler nicht bei uns selbst liegt, sondern bei anderen. Tatsächlich können wir aber sehr vieles verändern, indem wir uns selbst verändern.

Wenn Sie mehr über dieses Thema wissen wollen, dann kommen Sie doch zum nächsten FrauenSalon am 22. Juni! Dann wird diesem spannenden Thema ein ganzer Abend gewidmet. Der reiche und inhaltlich durchaus erschreckende Erfahrungsschatz von Heidi Kastner wird diesen kurzweilig machen. Und spätestens durch die musikalischen Darbietungen von Larissa Schwärzler werden die Emotionen unter die Haut gehen. Ein Fazit darf schon verraten werden: Gerade Frauen dürfen sich ihre Wut zu Nutzen machen, und somit ein ganzheitliches Rollenbild prägen.

Wut ist weiblich. Die Wertung gewisser Emotionen ist oft ein gesellschaftliches Problem. Während ein wütender Mann mit Kraft und Durchsetzungsvermögen assoziiert wird, bekommt eine wütende Frau schnell den Stempel der Hysterie. Mit dem positiven Ziehen von Grenzen aufgrund von Selbstachtung wird Wut bei Frauen meist nicht gleichgesetzt. Wenn man aber bedenkt, wie Wut entsteht, so ist es mehr als verständlich, warum gerade Frauen wütend werden: Diskriminierung, Überlastung und Respektlosigkeit sind hervorragende Auslöser dafür.
In ihrem Sachbuch analysiert die Primarärztin anhand von eindrücklichen Fallbeispielen, welche Rolle die Wut kulturell und sozial in unterschiedlichen Epochen spielt, und welche Charaktere zu welchen Kriminaldelikten neigen könnten. Leider ein sehr wichtiges Thema, denn Österreich zählt bereits in diesem Jahr zehn Femizide. Kastners Vortrag beim FrauenSalon soll Mut machen, dass wir selbst Gestalterin unseres Lebens sein können – indem wir unserer Wut Anerkennung schenken.

 

 


Heidi KastnerTermintipp:
FrauenSalon mit Heidi Kastner (Referentin)
Larissa Schwärzler (Musik) und Aglaia Poscher-Mika (Moderation)
am Donnerstag, 22. Juni, ab 19 Uhr
im Bildungshaus Batschuns.
Nähere Infos unter: frauensalon-vorarlberg.at/flyer