Der Leiter der Schuldenberatungsstelle im Institut für Sozialdienste (ifs), Peter Kopf, berichtet von den Neuerungen beim Privatkonkurs und der Zunahme von älteren Schuldnern. Er erklärt auch sein persönliches Bild von der Kirche.

Wolfgang Ölz

Ab Mitte des Jahres 2017 gilt bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung Neu, dass die Wohnkosten nicht mehr zur Gänze übernommen werden, sondern dass erhöhte Wohnkosten aus jenem Budget beglichen werden müssen, das eigentlich für die restlichen Lebenshaltungskosten vorgesehen wäre. In Nieder- und Oberösterreich gibt es zusätzlich eine Deckelung mit 1500 Euro für Familien, unabhängig davon, wie viele Kinder sie haben. Die drei Millionen Euro, die im Zuge der neuen Mindestsicherung von der Vorarlberger Landesregierung eingespart werden wollen, sieht Peter Kopf kritisch. Wenn jemand aufgrund  der hohen Mietpreise im Land schlecht wohnt, so Kopf, wird er eher krank und es entstehen dann hohe Folgekosten im Gesundheitsbereich.

Privatkonkurs als Lichtblick
Als positiv für verschuldete Menschen, die einen Privatkonkurs anstreben, bewertet Peter Kopf die Tatsache, dass im neuen Arbeitsübereinkommen der Bundesregierung  die „10%-Hürde“ gefallen ist. Bisher musste für einen Privatkonkurs 10% der Gesamtschuld beglichen werden können, damit überhaupt ein Verfahren eingeleitet wurde. Somit haben Alleinerzieherinnen mit geringem Einkommen, Mindestpensionisten oder ehemalige Selbstständige mit hohen Schulden und geringem Einkommen nun leichter die Möglichkeit, einen Privatkonkurs durchzuführen. Peter Kopf sagt: „Dass es jetzt auch noch zu einer Verkürzung von derzeit sieben auf - neu - drei Jahre bei der Laufzeit eines Privatkonkurses kommen soll, ist sehr erfreulich.“

Ältere Menschen mit hohen Schulden 
Insgesamt suchten im Jahr 2016 3127 Menschen die Schuldenberatung des ifs auf. Der Anteil der Klienten „60 plus“ hat, für Kopf überraschend, seit 2015 noch einmal deutlich zugenommen, von 244 auf 263 Fälle, ein Anstieg von fast 10%. Deswegen sind die älteren Menschen dieses Jahr das Schwerpunktthema der ifs-Schuldenberatung.
Peter Kopf erinnert sich an eine Zeit, wo es richtig aufgefallen ist, wenn ein älterer Mensch zur Beratung kam. Inzwischen sei das normal. Kopf ist froh, dass heute die Scheu geringer ist, Hilfe bei der Schuldenberatung zu suchen. Es ist für Kopf berührend, wenn Menschen erzählen, dass sie nach einer Entschuldung einfach wieder mal ein Restaurant besuchen können. Neben dem Finanziellen gehe es in der Schuldenberatung nämlich auch darum, dass die Menschen wieder einen Weg in die Gesellschaft finden, sichtbar werden, etwa ins Theater oder ins Kino gehen oder einen Ausflug machen.

Auf Gescheiterte wird eingeprügelt
In Österreich herrsche eine Kultur vor, dass auf einen Gescheiterten immer weiter eingeprügelt werde, so Kopf. 80% der Schuldner seien nicht wie fälschlich behauptet zahlungsunwillig, sondern zahlungsunfähig. Es wird nach der Devise „der ist selber schuld“ gehandelt. Wenn jemand an seinen Schulden scheitert, dann sei das wie ein finanzieller Infarkt. Im Gegensatz zu einem Herzinfarkt bleibe die Hilfe aber aus.
Vor seiner Pensionierung in drei Jahren möchte Kopf (Jahrgang 1955) weiterhin dafür eintreten, dass ein Mensch - auch wenn er Schulden hat - geachtet wird und Anspruch auf Ansehen hat. Der Appell von Kopf ist, sich Hilfe zu holen, wenn man ein Geldproblem hat. Es sei keine Schande.

Eine Kirche für die Menschen
Peter Kopf erlebte in seiner Kindheit die Kirche als sehr einengend, trotzdem hat er in den Jahren 1973 bis 1976 auf der damaligen Jugendstelle im Diözesanhaus gearbeitet. Unter seinem damaligen Chef Elmar Simma habe er sehr viel gelernt, und er pflege immer noch gute Kontakte aus dieser Zeit. Zwar bezeichnet Kopf sich nicht als der „Übergläubige“, aber er schätzt es, dass er in der Kirche ein Fundament dafür bekommen hat, wie man mit Menschen gut umgeht. Im katholischen Umfeld hat er für sich gelernt, dass man mit Güte weiter kommt als mit Bosheit. Peter Kopf war auch schon zweimal mit seiner Frau auf dem Jakobsweg, was er als eine seiner besten Erfahrungen bezeichnet. Die klare Positionierung für die Menschen, wie sie die Caritas lebt, würde er sich von der Kirche noch mehr wünschen. Auch die Arbeit von Bischof Benno Elbs schätzt er. „Ich wünsche mir eine Kirche, die frech, mutig und unerschrocken ist, wie die jungen Priester wie Elmar Simma u.a. knapp nach dem Konzil es waren.“

(aus dem KirchenBlatt Nr. 6 vom 9. Februar 2017)