Über 100 Initiator/innen und Erstunterstützer/innen haben sich zu einer Kampagne zusammengeschlossen, um der zunehmenden sozialen Kälte mit christlichen Positionen entgegenzutreten. Michael Willam und das EthikCenter der Katholischen Kirche Vorarlberg sind Mit-Initiatoren.

zur Sache: "Christlich geht anders"

Interview: Dietmar Steinmair

KirchenBlatt: Herr Willam, die Kampagne „Christlich geht anders“ will solidarische Antworten auf die sozialen Fragen in der Gesellschaft finden. Welche konkreten Forderungen stellt die Kampagne?
Michael Willam: Im Wesentlichen lassen sich drei Forderungen identifizieren, die in der Kampagne vorgebracht werden. Erstens:  Für den Zusammenhalt und gegen eine Politik, die Ängste schürt und Menschen gegeneinander ausspielt - christlicher Glaube macht Mut und Hoffnung! Zweitens: Für gelebte Solidarität mit den Menschen am Rande der Gesellschaft - wie wir dem „Geringsten“ in unserer Gesellschaft begegnen, so begegnen wir Gott - gemäß Matthäus 25,40. Und drittens: Für einen aktiven Sozialstaat in Form einer organisierten Solidarität, der die Menschen vor den Grundrisiken des Lebens schützt.

Die Kirche ist bemüht um Distanz zu parteipolitischen Debatten. Warum sollen sich Christ/innen überhaupt aktiv in die Politik einbringen?
Willam: Da muss man klar unterscheiden zwischen Parteipolitik und der Verantwortung einer jeden Christin und eines jeden Christen, sich an der Gestaltung von Gesellschaft zu beteiligen. Vielleicht, so mein Eindruck, wäre es manchen Politikern lieber, die Kirche würde sich aus der Gesellschaftspolitik gänzlich heraushalten. Meine Grundüberzeugung ist jedoch, dass uns Christinnen und Christen ein Auftrag aus der Mitte des Evangeliums heraus erwächst, sich einzumischen und nicht den Mund zu halten, wenn christliche Werte verletzt werden.

Das „Christlich-Soziale“ ist in den aktuellen Wahlprogrammen kaum zu finden. Was sind Ihre Erwartungen und Wünsche an die neue Bundesregierung - in welcher Konstellation auch immer?
Willam: Christliche Solidarität ist zuallererst getragen von Mitgefühl für einen Menschen, der aus irgendeinem Grund in Not geraten ist. Dieses empfundene Mitgefühl ist die absolute Basis für jedes christlich-solidarische Handeln. Wenn wir diese innere Haltung zugunsten von Nutzenkalkülen („Was bringt oder gibt mir der andere, wenn ich ihm helfe?“) oder zugunsten von Misstrauen („Der andere nutzt mich aus, wenn ich ihm helfe“) aufgeben, dann hat das aus meiner Sicht nichts Christliches mehr an sich. Ich wünsche mir eine künftige Regierung, die staatstragende Werte wie „Solidarität“ oder „Gerechtigkeit“ nicht länger als verstümmelte Phrasen zum Stimmenfang drischt, sondern der eigentlichen Bedeutung dieser Wörter gerecht zu werden versucht.

Wie können sich Christinnen und Christen an der Kampagne beteiligen?
Willam: Die Initiative lädt alle dazu ein, sich der Bewegung mit ihrer Unterschrift anzuschließen. Auf diese Weise sollen die zentralen Forderungen mehr Gewicht erlangen.

zur Sache:

„Christlich geht anders“

Über 100 Initiator/innen haben ein gemeinsames Statement verabschiedet, das sich am Ökumenischen Sozialwort der Kirchen orientiert. Die Kampagne will Gleichgesinnte vernetzen, die Soziale Gerechtigkeit ins Zentrum der politischen Debatte führen und Solidarität mit den Menschen am Rande äußern.

Statement und Informationen unter:
www.christlichgehtanders.at