Welt der Religionen von Aglaia Poscher-Mika: Seit Ende Oktober werden in den drei jüngeren der vier monotheistischen Weltreligionen wichtige Geburtstage gefeiert.

Den Auftakt bildet das 200. Geburtstagsfest des Báb am 29. Oktober 2019. Er ist für die jüngste Weltreligion, die Bahá‘i Religion, eine ähnliche Figur wie Johannes der Täufer im Christentum: Als Wegbereiter für den eigentlichen Propheten und Religionsbegründer Bahá‘u‘lláh wird er als Morgenröte bezeichnet, welche dem Sonnenaufgang eines neuen Zeitalters vorausgeht.

Die zweitjüngste der abrahamitischen Religionen feiert dann am 8. und 9. November den Geburtstag ihres Begründers Mohammed. Im Islam werden Geburtstage im Allgemeinen nicht so groß gefeiert wie in der westlichen Welt. Viel mehr werden religiöse Lieder gesungen und Gebete rezitiert. Die ehrfurchtsvolle Haltung, welche Muslim/innen ihrem Propheten gegenüber verspüren, kommt hier zum Ausdruck.

Wiederkehr des Lichts

Hierzulande ist das bevorstehende Weihnachtsfest bereits seit einer Weile nicht mehr zu übersehen. Dabei trennen uns noch fast sieben Wochen von den ersehnten Festtagen, welche das Dunkel und die Kälte des Winters vertreiben sollen. Tatsächlich wurde das Geburtstagsfest unseres Heilands in die dunkelste Zeit des Jahres verlegt, wobei sein genaues Geburtsdatum ja unbekannt bleibt. In den vor-christlichen Kulturen wurde zu dieser Zeit die Wintersonnwende als Wiederkehr des Lichtes gefeiert. Es ist also gut verständlich, dass das wachsende Licht, die Sonne der Gerechtigkeit, die Zuwendung Gottes so sehr herbeigesehnt werden.

Doch wer etwas in sich geht, versteht: Die Balance aller Dinge ist wichtig. Kein Tag ohne Nacht, keine Fülle ohne Leere. Wir sind als Gesellschaft einem Anspruch verfallen, der möglichst immer das Angenehme und Verfügbare sucht. Doch wer die Adventzeit einmal mit Kontemplation, Stille und Verzicht verbracht hat, weiß die Ankunft des Lichtes ganz anders zu schätzen. Und ja, es geht hier um ein neugeborenes Kind, welches bereits durch seine Liebe und Weisheit sogar die Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland völlig in seinen Bann zieht. Wer hätte diesem Kind eine Frühgeburt gewünscht? Es ist gut, zu warten. Manchmal bedeutet es sogar das Leben! «

Aglaia Mika, SopranAglaia Poscher-Mika, MMA
Beauftragte der KatholischenKirche Vorarlberg
für den Interreligiösen Dialog;
Musiktherapeutin, Sängerin, Stimmbildnerin.

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 45 vom 7. November 2019)