An Engel glauben, das tun viele Menschen. Egal ob sie Christen sind oder nicht. Nahezu jede Religion kennt engelartige Wesen, die auf uns aufpassen. Im Christentum ist es anders. Die Engel sind nicht unsere Aufpasser, sondern unsere Wegweiser.

Am 29. September feiert die Kirche das Fest der heiligen Erzengel

Lea Singer

Die Engel, die uns in der Bibel begegnen, sind nicht unsere Verbündeten. Das Wort Engel stammt vom lateinischen Wort „angelus“, das heißt der Bote. Engel sind Boten Gottes. Er schickt sie auf die Erde, um Botschaften zu überbringen. Wie zum Beispiel die Verkündigung an Maria, dass sie den Messias zur Welt bringen wird.
„Sie zählen genau wie wir Menschen zur Schöpfung Gottes und sind eigentlich nicht dazu da, ein gutes Wort bei Gott für uns einzulegen“, erklärt der aus Vorarlberg stammende Theologe Mathias Moosbrugger: „Vielmehr schickt Gott seine Engel, um uns Menschen wieder auf den richtigen Weg zu führen.“ Sie sind also eher Interventionsgestalten als Beschützer. Für Gott führt der richtige Weg immer über die Liebe. Somit sind auch die Engel Boten der Liebe.

Überall Engel

Obwohl die Engel nicht unbedingt eine zentrale Bedeutung im christlichen Glauben haben, sieht man zum Beispiel in Autos oft Engelanhänger. Verständlich, wenn es schon Himmelsgestalten gibt, die auf die Erde kommen und mit den Menschen Kontakt aufnehmen, dann will man sie auch um sich haben. In der Bibel sind die Verkündigungen der Engel nicht sehr bildlich beschrieben. Es wird meist nur von der Erscheinung eines Engels gesprochen. Das lässt Raum für Spekulationen. Die Menschen wollen sich aber etwas Konkretes darunter vorstellen. Wenn ein Engel vom Himmel zu Maria kommt, dann macht man sich natürlich Gedanken, wie das möglich ist.
Naheliegend sind Flügel. Diese Vorstellung von fliegenden Engeln, die möglichst schön aussehen, hat das Volk entwickelt. So sind diese überirdischen Wesen vorstellbarer und damit greifbarer gewor- den. Auch die Theologen haben sich gerade in der Zeit ab dem Mittelalter und besonders im Barock intensiv mit der Engellehre auseinandergesetzt. Sie kamen zum Schluss, dass die Engel in drei Rangordnungen unterteilt sind. Die Cherubim und Serafim sind die höchsten, die Gott schauen und ihm das Sanctus singen. Die dritten sind die Boten, die auch mit uns Menschen Kontakt aufnehmen.

Alle sind gleichwertig

„Verschiedene Vor-stellungen sind berechtigt, das Bild vom Engel mit langen Haaren und Flügeln hat sich eingebürgert. Wie die Engel wirklich aussehen, wissen wir nicht. Moosbrugger klärt auf: „Im Matthäusevangelium - Vers 18,10 - heißt es: Hütet euch davor, einen von diesen Kleinen  zu verachten! Denn ich sage euch: Ihre Engel  im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters. Das heißt aber: Die Schutzengel der Kleinsten und Unbedeutendsten haben zu Gott einen ebenso direkten Draht wie die ,oberen 10.000‘ der Engel, die Cherubim und die Serafim. Und das wiederum heißt: die Anliegen und Sorgen der Kleinsten liegen Gott direkt am Herzen. Was für ein großartiges Bild!“

Greifbare Begegnung

Der Name des Erzengels Michael bedeutet: „Wer ist wie Gott?“ „Niemand ist wie Gott. Wenn man sich dessen bewusst ist, dann hat man auch die Bedeutung der Engel verstanden. Sie sind Boten Gottes, die uns den richtigen Weg zeigen,“ versucht Moosbrugger das komplexe Thema zusammenzufassen: „Da wir Menschen Gott nicht egal sind, glaube ich selbst an Engel. Sie machen nicht zuletzt greifbar, dass Gott uns in einer personalen Begegnung nahekommen möchte - und nicht in erster Linie durch mystische Einsichten von einzelnen religiös besonders Begabten. Da ist es dann auch egal, ob Engel Flügel haben oder nicht.“
Es ist schön, dass es Engel gibt, weil sie ein Zeichen sind, dass Gott bei uns ist. Wer auf die Engel vertraut, vertraut auf Gott und dass er uns auf den richtigen Weg führt. Deshalb haben auch diverse Engelsanhänger ihre Berechtigung, obwohl die Engel in der Bibel eine eher untergeordnete Rolle spielen. Das Fest der heiligen Erzengel am 29. September und das Schutzengelfest am 2. Oktober sind ebenfalls schöne Anlässe, sich von den Engeln insofern beschützt zu fühlen, als dass sie uns die Botschaft Gottes vermitteln. «

Zur Person

Matthias Moosbrugger

DDr. Mathias Moosbrugger
Theologe in Innsbruck, derzeit in Väterkarenz

(aus dem KirchenBlatt Nr. 39 vom 28. September 2017)