Ein altes Stück um Tod und Teufel - in neuem Text-Gewand und mit neuem musikalischen Schwung. So präsentiert das Theater Kosmos Michael Köhlmeiers Bühnenwerk „Lamm Gottes“.

Dietmar Steinmair

Infos zum Stück

Gleich vorweg: Man kann Michael Köhlmeiers Stück „Lamm Gottes“ religiös interpretieren, man muss es aber nicht. Wer religiös interessiert ist und wem einige theologische Grundbegriffe geläufig sind - etwa das öfter wiederkehrende Konzept der „Gnade“ - der wird interessante Fragen und Anspielungen im Text entdecken. Getragen wird das Bühnenwerk aber von einer großen klassischen Geschichte, die vom großen Erzähler klassischer Geschichten, der Köhlmeier nun mal ist, gut gestrickt ist. Die Dramaturgie stimmt einfach, die Dialoge sind flott, Reflexionen und Philosophie bereiten Vergnügen, der schelmische Humor kommt nicht zu kurz, und auch das wechselnde Tempo, mit dem Regisseur Augustin Jagg das Stück anlegt, passt. Die eineinhalb Stunden vergehen im Nu.

Zurück zum Werk:

Der Tod, gespielt von Haymon Maria Buttinger, überrascht die Braut Martha (Stella Roberts) am Tag ihrer Hochzeit mit der Ankündigung, noch heute ihren frisch vermählten Gatten Albert zu holen. Martha fleht um das Leben ihres Liebsten und begibt sich auf den verzweifelten Weg durch die hundert Vorzimmer Gottes, in denen sie hundert strengen Engeln gute Argumente oder zumindest glaubhafte Not vorlegen muss, um weitergelassen zu werden. Doch sie scheitert auf halbem Weg, obwohl sie weiter kommt als je ein Mensch zuvor.

Nun betritt,

wie erwartbar, der Teufel die Bühne und lässt auch ordentlich mit sich handeln, wobei er seltsam gütig ist. Er will nicht Marthas Seele, sondern nur für jetzt ihre Zustimmung, dass nach einem glücklichen Eheleben mit dem nunmehr besten Ehemann - ja auch das verspricht und vermag der Teufel - Albert dennoch zur Hölle fährt. Sie lässt sich auf den Handel ein, darf das Versprechen sogar vergessen und führt unbelastet ein glückliches Familienleben. Sie studiert Theologie und Philosophie und kommt nur einmal vom Weg ab, nachdem sie sich auf einem wissenschaftlichen Kongress in einen Kollegen verliebt und mit ihm eine kurze Beziehung führt. Dennoch - gottlob ist und bleibt der Mensch in Köhlmeiers Konzept frei in seinen Entscheidungen - findet sie zurück zu Albert, dem pragmatischen und selbst in der Krise fairen und großzügigen Liebenden. Am Lebensende spitzt sich die Geschichte noch einmal zu. Wie es ausgeht und ob und mit wem Martha noch einmal verhandeln kann, sei hier nicht verraten …

Hubert Dragaschnig,

der am Stück mitgearbeitet hat, ist Erzähler, Teufel und Gott in einem. So wie er überzeugen schauspielerisch auch alle weiteren Akteure vollauf. Die Bühne ist einfach gebaut und funktioniert ebenso gut wie das reduzierte Licht. Die Musik - der Tod singt seine Reflexionen mit herrlich tiefer Stimme - sorgt für Akzente.
Der Teufel zeigt sich bei Köhlmeier übrigens ziemlich menschlich, Gott dagegen nur als weit entfernter und viel beschäftigter Buchhalter-Gott mit Notizheft. Ein personaler Gott, eine liebende Dreifaltigkeit mit sich hingebendem Sohn und bestärkendem Geist, Barmherzigkeit, Umkehr und Erlösung kommen im Stück nicht vor. Auch spielt der dem Werk namensgebende Begriff „Lamm Gottes“ keine wirklich große Rolle. Aber wie so oft ist das Aufwerfen neuer Fragen lohnender als das Erhalten schon fertiger Antworten.

Der Erzähler

jedoch, er ist Humanist: „Wenn ich euer Gott wäre“, so hebt der Conferencier mehrmals an, und seine Botschaften zeugen von großer Menschenkenntnis und Menschenfreundlichkeit. Am Ende leuchtet sogar Hoffnung auf, denn die Menschen möchten doch geführt werden und sich in die Hand Gottes begeben. Ja, wenn ich euer Gott wäre … Köhlmeier hören und sehen, nicht nur lesen, das kann man im Theater Kosmos noch bis 14. Dezember.

Infos zum Stück

Lamm Gottes. Von Michael Köhlmeier. Mit Stella Roberts, Christiane Warnecke, Haymon M. Buttinger, Hubert Dragaschnig, Wini Gropper. Regie: Augustin Jagg. Ausstattung: Ragna Heiny. Licht: Matthias Zuggal. Musik: Herwig Hammerl.

Weitere Vorstellungen: 29. November, 1., 5., 6., 7., 8., 12., 13., 14. Dezember 2019, jeweils 20 Uhr, ausgenommen So 1.12. Beginn 17 Uhr.

Theater KOSMOS, Mariahilfstraße 29, Bregenz.
Karten: T 05574 44034, www.theaterkosmos.at

(aus dem Vorarlberger Kirchenblatt Nr. 48 vom 28. November 2019)