„Meerfeuer - Sechs Strophen nach der Nikolauslegende“ - Der lettische Komponist Rihards Dubra hat dafür eine Hymne von Willibald Feinig vertont. An diesem Sonntag wird das Werk in Altach uraufgeführt.

Liedtext "Meerfeuer" von Willibald Feinig

Willibald Feinig / Red

Die ausweglose Not, in die immer mehr Menschen zwischen Asowschem Meer und der Straße von Gibraltar, zwischen Mossul und Calais geraten, steckt im Titel des Films, der heuer den Goldenen Bären bei der Berlinale gewonnen hat: Gianfranco Rosis „Fuocoammare“ (Seefeuer).
Seefeuer oder „griechisches Feuer“ steht für eine Geheimwaffe, die die oströmische Marine unbesiegbar machte. Das „Öl“, das sich im Wasser entzündet, wird auch in der Nikolauslegende eingesetzt, wie sie noch die „Legenda aurea“ um 1270 überliefert: Bei einem Anschlag auf den Christen-Bischof, der sich dem lukrativen Artemiskult im Nachbarhafen Ephesus widersetzt.
Der Mittelmeerraum in Brand - wie heute - ist der Hintergrund der in Ost und West bekannten legendären Gestalt des Nikolaus von Myra (bei Antalya/Türkei) Anfang des 4. Jahrhunderts.

Wachheit
Albert Summer, Leiter des Kirchenchors St. Nikolaus / Altach, sprach den lettischen Komponisten Rihards Dubra wegen einer Nikolaushymne an. Dieser fand schließlich einen Autor (den Verfasser dieses Berichts) für einen Hymnus auf ein Leben von biblischer Geradheit und Überzeugungskraft.
Im Hinblick auf die künftige Musik entstand eine neue Form: Sechs Kurzstrophen, jede in sich rhythmisch gegenläufig, um der Wachheit des Heiligen gegenüber menschlicher Not gerecht zu werden und um das Licht - den Glauben - dem Rachen der Schlange zu entreißen. Fundamentalisten, Salafisten und allen möglichen Fanatikern dient ihr „Glaube“ als Vorwand für Terror, Unterdrückung, Mord und Selbstmord. Jesus versteht darunter eine innere Einstellung von unschätzbarer Bedeutung, ein Geschenk, ein Umdenken und Urvertrauen, das gesund macht und zum Notwendigen befähigt. Und beides trägt den gleichen Namen: Glauben. Es ist kein Wunder, dass ein paar der sechs Strophen nach der Nikolauslegende auch Fragen sind.

Antworten
Dubra komponiert tatsächlich Wendungen („Strophen“) für Orchester, Orgel und Chor. Er wendet sich denen zu, die alles hinter sich gelassen haben, Menschenhändlern und Schleppern ausgeliefert sind in überfüllten Schlauchbooten auf hoher See - was sie trägt, ist nur noch Glaube. Und wer an das Leben glaubt, wird alles tun, sie zu retten.
Die Tonart wechselt: Nikolaus, der Mann von der Küste vis-à-vis von Zypern steht vor unseren Augen. Auf dem Konzil von Nicäa (325) hat er das Glaubensbekenntnis mitformuliert und widerstand der Verharmlosung seines „Herrn“. Aber was wiegt das „wahre“ Dogma, wenn Wehrlose im Gefängnis zugrunde gehen, wenn willkürlich verleumdete Opfer niemanden haben, der sie verteidigt und vor dem Henker rettet? Den meisten überlieferten Geschichten nach hat Nikolaus von Myra (wie alle Heiligen) entschlossen und tatkräftig Antwort auf diese Frage gegeben und dabei den eigenen Ruf nicht geschont.
Aus Empathie mit dem Jesus, der vor jeder Anhäufung von Reichtum warnt, hat Nikolaus das eigene Vermögen eingesetzt, um Jugendliche vor Versklavung und Prostitution zu bewahren. Er rettete eine ganze Familie - und Mädchen, die bis heute in weiten Teilen der Erde recht- und würdelos leben. Zwei Strophen erinnern an Dürre und Hungersnot in Lykien - und wieder an das Evangelium. Die Antwort des Mannes Gottes auf die Not ist die gleiche, die Jesus gibt: Teilt, was da ist! Eine Zumutung - heute wie Anno 330 - für die Besatzung auf dem Getreide-Frachter, der im Hafen des Todes Zwischenstopp macht.

Gebet
Mögen wir zur Empathie fähig werden, auch durch Hören und Singen. Heiliger Nikolaus aus Myra, dem letzten Hafen Asiens, in dem Paulus Station machte bei der Überstellung nach Rom (Apg 27,5), bitte für den brennenden Mittel- und Schwarzmeerraum, für Ost und West!

Festgottesdienst zum Patrozinium

So 4. Dezember, 10.15 Uhr, Pfarrkirche, Altach.
Mozart, Missa brevis in G, KV 140.
Uraufführung von „Meerfeuer - Sechs Strophen nach der Nikolaus-Legende“.

Kirchenchor St. Nikolaus Altach unter Albert Summer und Projektsänger/innen,
Lehrer-Orchester, Orgel: Walfried Kraher.
Im Foyer des Pfarrzentrums Ausstellung zur Gestalt des Heiligen.

Meerfeuer

Sechs Strophen nach der Nikolaus-Legende

The human quality I would most like to magnify, is empathy.
(Stephen Hawking)

  1. Weit vor den Küsten scheitern die Armen,
    von allen Häfen weit weg.
    Was, wenn nicht Glauben, löscht den Meerbrand?

  2. Halbe Wahrheit lähmt die Hand.
    Zum Himmel aber schreit das Unrecht, der Nacken
    unter dem Schwert des Henkers.

  3. Gold schenken, Geld, das Erbe; Mädchenblüte
    bewahren vor Frost, vor
    Zwang, vor Schande, Gewalt.

  4. Quai und Straßen glühen. Leer sind die Silos.
    Ein Frachtschiff kommt,
    beladen mit Korn.

  5. Fremden geben? Mit Hungernden teilen?
    Nicht ein Korn wird fehlen? Und
    Saatgut bleibt auch?

  6. Wohltat des Glaubens, der das Feuer stillt,
    den Brand der Wogen und Städte, das Feuer in
    West und Ost.

Willibald Feinig
08/2016

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