Teil 1 von 5 der Serie: "Zeit der Schöpfung" - Ob Autogröße, Spritverbrauch und Nächstenliebe unter einen Hut passen - Nachdenken zur Ökumenischen SchöpfungsZeit.

Prof. Dr. Kurt Remelevon Prof. Dr. Kurt Remele
Theologe  und Ethiker,
Universität Graz


Statt mit theologischen Überlegungen möchte ich mit einem ganz konkreten Thema in die Ökumenische SchöpfungsZeit einsteigen: das Auto. Welches Auto man fährt, ist ökologisch und sozialethisch nicht egal. Das sagen jedenfalls ein US-amerikanischer Pastor und der Papst. 

In den Vereinigten Staaten von Amerika glauben mehr Menschen an Gott und besuchen mehr Menschen den Sonntagsgottesdienst als in Europa. Doch was den Umweltschutz betrifft, sind die US-Amerikanerinnen und Amerikaner keineswegs vorbildlich: Nach wie vor verschmutzen die USA die Umwelt stärker als jedes andere Land der Erde, nach wie vor sind Wohnungen und Häuser schlecht isoliert, laufen Heizungen und Klimaanlagen auf Hochtouren. Nach wie vor gibt es in den USA zu viele große Autos, vor allem gewaltige geländegängige Limousinen (SUVs) und überdimensionierte Kleinlastwagen (Pickup Trucks).

Ein Öko-Pastor
Doch bevor wir Europäer/-innen selbstherrlich mit dem Finger auf die da drüben zeigen, sollten wir uns bewusst werden, dass wir den USA einerseits in vielem nacheifern (Einkaufszentren am Stadtrand, SUVs, Klimaanlagen) und dass andererseits auch dort viele nachdenkliche und engagierte Menschen für einen achtsamen und nachhaltigen Umgang mit Gottes Schöpfung eintreten. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist der baptistische Pastor Jim Ball, der zu einem ökologisch verantwortlichen Lebensstil und zu einer drastischen Reduktion des Autoverkehrs auffordert. Man kann seinen Nächsten nicht lieben wie sich selbst, erklärt Pastor Ball, wenn man gleichzeitig seine Lungen durch Abgase verpestet.

Jesus im Solarmobil
Im Jahre 2002 rief Ball eine viel beachtete Kampagne ins Leben, in der er seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern folgende ungewöhnliche Frage stellte: „What would Jesus drive?“ Also: „Welches Auto würde Jesus fahren?“ Oder umfassender: „Welches Verkehrsmittel würde Jesus benutzen?“ Der baptistische Geistliche ist davon überzeugt, dass Jesus, würde er heute leben, ein möglichst kleines, sauberes und Treibstoff sparendes Autos fahren würde, ein Hybridmodell oder gar ein Solarmobil. Noch wahrscheinlicher erscheint mir, dass Jesus Christus seine Jüngerinnen und Jünger zum Car Sharing oder zum Radfahren einladen würde. Oder sie auffordern würde, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Das hat ja auch Papst Franziskus in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires nachweislich getan und damit seinen Mitbrüdern im Bischofsamt und uns allen ein leuchtendes Vorbild gegeben.

Bus, Bahn und Bim
Natürlich wird ein grundlegender Wechsel zu öffentlichen Verkehrsmitteln nicht allein durch Appelle und Vorbildwirkung gelingen. Damit immer mehr Menschen Öffis verwenden können und verwenden wollen, ist einiges zu tun: Bus, Bahn und Bim sollten rasch(er) und flächendeckend(er), bequem(er) und preiswert(er) sein, das Personal kompetent(er) und zuvorkommend(er). Was Letzteres betrifft, könnte man von den USA lernen: In Spokane, einer mittelgroßen Stadt im Nordwesten der USA, wo ich in jüngster Vergangenheit ein Jahr lang lebte, ist das Verhältnis von Busfahrer/innen und Fahrgästen ausgesprochen freundlich. Wenn man in den Bus einsteigt und seinen Fahrschein vorweist, wird man vom Fahrer zuvorkommend begrüßt, wenn man aussteigt, bedankt man sich beim Fahrer und dieser verabschiedet sich häufig mit den Worten „Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.“ So wird, wenn man in der Früh mit dem Bus zur Arbeit fährt, nicht nur die Umwelt geschont, sondern auch die eigene Stimmung gehoben. 

Impulse

„Die meisten Menschen denken, dass Größe und Verbrauch des Autos, das sie fahren, nichts mit ihrem christlichen Glauben zu tun haben. Wir wollen ihnen zeigen, dass es sehr wohl Zu-sammenhänge gibt und warum.“
Pastor Jim Ball

„Es tut mir weh, wenn ich einen Priester oder eine Nonne in einem nagelneuen Auto sehe. So etwas geht nicht!”
Papst Franziskus

Ein kolumbianischer Priester entschloss sich, seinen Mercedes Benz zu verkaufen, inspiriert durch die kritischen Worte von Papst Franziskus über Priester mit Luxuskarossen. Er erklärte, dass er in der Vergangenheit auf Eseln und Pferden geritten und mit Fahrrad und Bus gefahren sei. Er habe kein Problem,
zu diesem einfachen Lebensstil zurückzukehren.