Der medizinische Fortschritt öffnet nicht nur Türen, sondern stellt uns gleichzeitig auch vor große Herausforderungen und Entscheidungen. Insbesondere ethische. Wege zur guten Entscheidung zeigt hier das klinische Ethikkomitee des LKH Bregenz.

Bild rechts: Das klinische Ethikkomitee des LKH Bregenz: Udo Wernig, Christian Huemer, Kurt Schlachter, Claudia Riedlinger, Jens-Daniel Sturm, Ursula Sillaber, Johannes Heil, Sylvia Mattl und Michael Willam (v.l.n.r)

Simone Rinner

Das Beste für den Patienten - das ist nicht nur das Ziel der Angehörigen, sondern insbesondere auch der Ärzte und des Pflegepersonals, die sich im Krankenhaus um ihn und seine Gesundheit bemühen. Und dabei oftmals vor schwere Entscheidungen gestellt werden. Das behandelnde Team bei der Entscheidungsfindung in schwierigen klinischen Situationen zu unterstützen, ist Ziel der klinischen Ethikberatung am LKH Bregenz, erklärt Michael Willam von der Diözese Feldkirch. Er ist Mitglied des klinische Ethikkomitee des LKH Bregenz.

Wir schreiben das Jahr 2013,
als im LKH Bregenz ein klinisches Ethikkomitee (KEK) gegründet wird - eine Einrichtung, die für einen institutionalisierten und professionellen Umgang mit ethischen Themen im Klinikalltag steht. Es soll im Krankenhaus die Anwaltschaft für einen guten Umgang mit ethischen Fragen übernehmen und so die Mitarbeiter/innen unterstützen. Zu seinen Aufgaben zählen das Erstellen von ethischen Leitlinien, die Durchführung strukturierter Fallbesprechungen sowie die Organisation von Fortbildungen. Und auch wenn das KEK bei der Entscheidungsfindung Hilfestellung bietet, ist es dennoch der behandelnde Arzt, der schlussendlich die Entscheidung fällt und die volle Verantwortung übernimmt, so Willam.

Was bedeutet das konkret?
Grundsätzlich kann das Ethikkomitee von allen an einem Fall beteiligten Personen angefragt werden - vom Arzt bis zur Pflegerin. Die Koordinator/innen organisieren dann die Fallbesprechung auf der jeweiligen Station - unter Einbindung von zwei bis drei Mitgliedern des KEK. Ein Mitglied des Komitees übernimmt hierbei die Rolle der Moderation, dann wird versucht, in fünf Schritten systematisch zu einer Handlungsempfehlung zu gelangen. Und zwar innerhalb einer Stunde.

Leitfragen der Fallbesprechung sind dabei: Was will der Patient bzw. was hätte der Patient gewollt, wenn er noch bei Bewusstsein wäre? Was ist aus medizinischer Sicht das Beste für den Patienten? Von welcher Art der Behandlung hat der Patient den größten Nutzen und den geringsten Schaden? Wird die favorisierte Art der Behandlung den Interessen von Dritten (z.B. Angehörige oder Ressourcenverteilung) gerecht? Die Fallbesprechung orientiert sich an den vier medizinethischen Grundwerten, die in der gesamten westlichen Welt weitestgehend anerkannt sind: Autonomie, Wohltun, Nichtschaden und Gerechtigkeit.

Neben Coaching in punkto Fallbesprechung und Fortbildung spielt auch Vernetzung bei der KEK eine große Rolle. So verfügen die Krankenhäuser in Vorarlberg mit den diözesanen Krankenhausseelsorger/innen über ein hervorragendes Netzwerk an Expert/innen in Sachen Seelsorge und Ethik. Derzeit gibt es das KEK „nur“ in Bregenz und Dornbirn - doch vielleicht zieht die gute Idee Kreise.

Zur Sache

Das Ethikkomitee am LKH Bregenz

Seit Anfang 2013 arbeitet das klinische Ethikkomitee (KEK) im Landeskrankenhaus Bregenz auf Hochtouren an der Etablierung einer professionellen, klinischen Ethikberatung. Im Zuge eines Symposiums Ende November konnten Aufgaben und Ziele der klinischen Ethikberatung im Spitalsalltag diskutiert und interessierten Berufsgruppen nebst Vertretern anderer Landeskrankenhäuser vorgestellt werden.

Das Team
Den Vorsitz des klinischen Ethikkomitees bilden der Hauptinitiator des Komitees, Kinderarzt und geschäftsführender OA Dr. Kurt Schlachter MPH, Sylvia Mattl BScN aus der Pflegeentwicklung und der Diakon und Seelsorger Johannes Heil. Weiters zählen DGKP Udo Wernig (Intensivpflege), Univ. Doz. Prim. Dr. Christian Huemer (Kinder- und Jugendheilkunde), OA Dr. Claudia Riedlinger (Anästhesie), AA Dr. Martina Büchele (Interne), FA Dr. Jens-Daniel Sturm (Chirurgie),  OA Dr. Ursula Sillaber (Interne) und Dr. Michael
Willam (Diözese Feldkirch) zu den Mitgliedern (siehe Bild).

Relevantes Thema
Gemeinsam arbeiten sie derzeit ethische Leitlinien für den Klinikalltag aus, die beispielsweise den Umgang mit Patientenverfügungen erleichtern sollen und organisieren Weiterbildungen. Die Nachfrage macht die Relevanz der Thematik deutlich: Die fünfteilige Fortbildungsreihe zum Thema „Ethik im klinischen Alltag“, die in Zusammenarbeit mit dem Bildungshaus Batschuns im Herbst 2014 startet, ist schon längst ausgebucht. Ethische Fallbesprechungen spielen zudem eine große Rolle und sollen helfen, die Kommunikation zwischen den Professionen zu bessern. Und: „Das Komitee soll einen Beitrag zur Kultur, zum Klima und Stil in der Patientenversorgung leisten und zudem alle Beteiligten entlasten“, erklärt Sylvia Mattl.