Kolumne "Welt der Religionen" - von Aglaia Poscher-Mika
Foto: https://www.flickr.com/photos/chaetzle/
„Wie es in allen Gemeinden … üblich ist, sollen die Frauen in den Versammlungen schweigen; es ist ihnen nicht gestattet zu reden: Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt.“ (1 Kor 14, 33f)
Auf der Suche nach einer passendenden Bibelstelle für unsere Hochzeit sind mein Verlobter und ich auf bemerkenswerte Inhalte gestoßen. „Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. Und der Mensch sprach: ... Frau soll sie genannt werden, denn vom Mann ist sie genommen.“ (Gen 2, 22f) Diesen Schriftstellen nach sind Frauen als untergeordnet zu betrachten. Zwar sieht der Alltag in den Pfarrgemeinden hierzulande bereits anders aus – Frauen zeigen sich als Lektorinnen, Pastoralassistentinnen und Musikerinnen im Gottesdienst.
Es fällt schwer zu glauben, dass die Minderwertigkeit der Frau der christlichen Lehre entsprechen kann. Denn inhaltlich wäre das Leben und Wirken Jesu Christi ohne Frauen nicht denkbar: die Samariterin am Brunnen erkannte ihn als erste als den Gesandten Gottes; Drei Frauen harrten bis zu seinem Tod unter dem Kreuz aus - und wiederum Frauen erfuhren als Erste von der Auferstehung ihres Messias. Besonders klar erklingt in einem Gesang von Hildegard von Bingen das Bild der Frau: „Daher liegt der höchste Segen vor allen anderen Geschöpfen auf der weiblichen Gestalt: denn durch sie ist Gott selbst Mensch geworden.“
Wie kann all das dazu führen, dass Frauen weltweit so hintangestellt werden? Von einer burmesischen Hochzeit habe ich gehört, die Frau müsse dem Mann versprechen: „Ich werde jeden Tag vor dir aufstehen um dir das Frühstück zu bereiten, und nach Dir schlafen gehen, um die Hausarbeit zu beenden.“ Der Einfluss des global vorherrschenden Patriarchats macht auch vor Religion keinen Halt. „Liebesheirat ist in unserer Gesellschaft etwa 50 Jahre alt. Davor wurde entsprechend der sozialen Schicht geheiratet. Wir sind nicht besonders erfahren, aber wir dürfen üben“ - Zitat einer Psychotherapeutin. Dass wir aus Liebe heiraten und gegebene Rollenbilder hinterfragen dürfen, macht Frauen dieser Gesellschaft also zu unschätzbar Privilegierten - vielleicht weltweit.
Aglaia Poscher-Mika
Beauftragte der KatholischenKirche Vorarlberg
für den Interreligiösen Dialog;
Musiktherapeutin, Sängerin, Stimmbildnerin.
aglaia.mika@kath-kirche-vorarlberg.at