20. Sonntag im Jahreskreis - 14. August 2022

Das Wort zur Ersten Lesung von Klara Porsch

Auch heilsame Umbrüche zum Positiven gehen nicht vonstatten, ohne sich Konflikten stellen zu müssen.

Evangelium

Lukas 12,49−53

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! Ich muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen ist.
Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, sondern Spaltung. Denn von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei; der Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre Schwiegertochter, und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.

 

Den eigenen guten Ruf wahren zu wollen, ist der radikalen Umkehr und anschließenden Geradlinigkeit, die die Christus-Nachfolge erfordert, nicht zuträglich.

1. Lesung

Jeremía 38,4−6.7a.8b−10

In jenen Tagen sagten die Beamten zum König: Jeremía muss getötet werden, denn er lähmt die Hände der Krieger, die in dieser Stadt übrig geblieben sind, und die Hände des ganzen Volkes, wenn er solche Worte zu ihnen redet. Denn dieser Mann sucht nicht Heil für dieses Volk, sondern Unheil.
Der König Zidkíja erwiderte: Siehe, er ist in eurer Hand; denn der König vermag nichts gegen euch.
Da ergriffen sie Jeremía und warfen ihn in die Zisterne des Königssohns Malkíja, die sich im Wachhof befand; man ließ ihn an Stricken hinunter. In der Zisterne war kein Wasser, sondern nur Schlamm und Jeremía sank in den Schlamm.
Der Kuschíter Ébed-Mélech, ein Höfling, sagte zum König: Mein Herr und König, schlecht war alles, was diese Männer dem Propheten Jeremía angetan haben; sie haben ihn in die Zisterne geworfen, damit er dort unten verhungert. Denn es gibt in der Stadt kein Brot mehr.
Da befahl der König dem Kuschíter Ébed-Mélech: Nimm dir von hier dreißig Männer mit und zieh den Propheten Jeremía aus der Zisterne herauf, bevor er stirbt.

 

Den eigenen guten Ruf wahren zu wollen, ist der radikalen Umkehr und anschließenden Geradlinigkeit, die die Christus-Nachfolge erfordert, nicht zuträglich.

2. Lesung

Hebräerbrief 12,1−4

Schwestern und Brüder!
Darum wollen auch wir, die wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, alle Last und die Sünde abwerfen, die uns so leicht umstrickt. Lasst uns mit Ausdauer in dem Wettkampf laufen, der vor uns liegt, und dabei auf Jesus blicken, den Urheber und Vollender des Glaubens; er hat angesichts der vor ihm liegenden Freude das Kreuz auf sich genommen, ohne auf die Schande zu achten, und sich zur Rechten von Gottes Thron gesetzt.
Richtet also eure Aufmerksamkeit auf den, der solche Anfeindung von Seiten der Sünder gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht ermattet und mutlos werdet! Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet.

Wort zur ersten Lesung

„Don’t shoot the messenger!“ (Erschieß nicht den Boten/die Botin) möchte man den handelnden Personen biblischer Bücher manchmal zurufen – die englische Phrase, die die unschöne Angewohnheit zum Ausdruck bringt, diejenigen zu sanktionieren, die unangenehme Wahrheiten aussprechen.
Das Schicksal einer solchen Behandlung teilt Jeremía mit anderen biblischen, wortwörtlichen Wahr-Sager/innen. Die eigentlich rettende Botschaft JHWH’s wird Jeremía zum Verhängnis – der eigentlich überlebenswichtige Wasserspeicher zum Kerker. Das Bild der Situation Jeremías in der Zisterne – komplett isoliert, versunken im Dreck, dem Tode überlassen – lässt sich auf soziale Situationen übertragen: Menschen, die das Verhalten bestimmter Gruppen in frage stellen oder entgegen der allgemeinen Gepflogenheit handeln, werden ausgegrenzt und isoliert. Möchte man die konkrete Art der Verfolgung, wie Jeremía sie erfahren hat, auch gerne in vergangenen Zeiten wissen, so hat uns in Österreich diese traurige Realität gerade erst wieder eingeholt. In welche Abgründe inhaltliche Gräben führen können, mussten wir vor kaum zwei Wochen mitansehen.
Ob Ärzte/Ärztinnen, Klimaaktivist/innen, Reporter/innen, oder Stimmen aus verschiedenen Menschenrechtsbewegungen, sie würden von manchen gerne in die Zisterne verbannt werden – oder Schlimmeres. Sich „unangenehmen“ und „anstrengenden“ Positionen zu stellen, kann sich allerdings lohnen. Es bedeutet nicht, alle Meinungen und Einstellungen zu übernehmen, aber zu hören und zu prüfen, damit nicht am Ende ausgerechnet die Botschafter/innen Gottes mit Jeremía in der Zisterne sitzen.

 

Zum Weiterdenken

„Herr gib uns Mut zum Hören …“, heißt es in einem Kirchenlied: Welchen biblischen Inhalten gegenüber verschließe ich gerne meine Ohren?  In welchen Situationen fühle ich mich selbst isoliert und ungehört? Wem könnte ich im übertragenen Sinn „aus der Zisterne“ helfen?

 

Klara Posch Klara Porsch
ist Referentin im Bibelwerk Linz

 

 

Ich hoffte, ja ich hoffte auf den Herrn.
Da neigte er sich mir zu und hörte mein Schreien.
Er zog mich herauf aus der Grube des Grauens,
aus Schlamm und Morast.
Er stellte meine Füße auf Fels,
machte fest meine Schritte.
Er gab mir ein neues Lied in den Mund,
einen Lobgesang auf unseren Gott.
Ich aber bin elend und arm.
Der Herr wird an mich denken.
Meine Hilfe und mein Retter bist du.
Mein Gott, säume doch nicht!


Antwortpsalm (aus Psalm 40)

(Aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 32/33 vom 11. / 17. August 2022)