Im Schatten der hoch aufragenden Vandanser Steinwand sieht man hinter Bäumen die kuppelbekrönte Kapelle des Venser-Bildes. Das alte Wallfahrtsziel erinnert an Krankheit, Not und erhörte Bitten der letzten 400 Jahre.

Michael Fliri

Serie Marienwallfahrtsstätten in Vorarlberg - Teil 2 von 4: Das Venser Bild in Vandans.

Im Jahr 1613 wütete in Vandans die Pest, innerhalb von knapp drei Monaten starben etwa 180 Einwohner des Dorfes. Unter dem Eindruck der Seuche und der Unmittelbarkeit des Todes gelobte Anna Planggin gemeinsam mit Katharina Kollerin und Kolumban Walser den Bau einer Kapelle zu Ehren der Gottesmutter und des Pestpatrons Sebastian, falls der Ortsteil Vens von der todbringenden Krankheit verschont bliebe. Tatsächlich blieb Vens verschont und die Pest machte am Mustergielbach halt. Das Gelübde wurde noch im selben Jahr mit dem Bau einer kleinen Kapelle erfüllt - dem Venser Bild.

Aufblühendes Wallfahrtsziel

Diese Kapelle wurde 1697 erweitert und 1722 noch einmal deutlich vergrößert. Der Ausbau der Kapelle ist ein Zeichen für den steigenden Zulauf und die Entwicklung zu einer Wallfahrtsstätte. Mit der Gründung einer eigenen Sebastiansbruderschaft im Jahr 1712 gewann die Wallfahrt zum Venser-Bild zusätzliche Attraktivität. In der Barockzeit etablierten sich zahlreiche neue kleinere Wallfahrtsorte. Sie boten jenen Menschen ein Ziel, die für größere Wallfahrten weder Zeit noch die finanziellen Mittel aufbringen konnten.

Barocke Ausstattung

Wer die kleine Kirche betritt, sieht auf dem Hochaltar das Marienbild, das als Schutzmantelmadonna gestaltet ist, umgeben von den Rosenkranzrosen. Weitere Darstellungen auf den Altären beziehen sich auf die Stiftungsgeschichte der Kapelle: die Darstellungen der Pestpatrone Sebastian, Rochus, Georg und Antonius von Padua. Interessant ist, dass die Figuren von Georg und Sebastian älter sind als die Kapelle selbst. Die Seitenaltäre zeigen das Martyrium des hl. Sebastian und den hl. Martin mit einem Bettler, auf diesem Altar steht außerdem eine schwarz bekleidete Figur der Schmerzhaften Muttergottes aus dem 19. Jahrhundert.

Votivtafeln und Heilige Pforte

An der rechten Seitenwand sind im Inneren der Kapelle einige Votivtafeln zusammengefasst, mit welchen Pilger ihre Gebetserhörungen belegt haben. Die Bilder und Inschriften erinnern an Heilungen von Krankheiten aber auch um glückliches Überleben in Kriegszeiten. Eine leider nicht mehr vorhandene Tafel aus dem Jahr 1871 erzählte über die Auswanderung des Josef Nudischer aus Vandans nach Amerika. Während der Überfahrt geriet sein Schiff in einen Sturm. Er rief die Muttergottes von Vens an und überlebte die Atlantiküberquerung.

Auch das Glasfenster nach Entwürfen von Martin Häusle ist eine Stiftung für eine Gebetserhörung aus dem Jahr 1950. Im selben Jahr sollte auch ein Freilichtspiel, das „Venser Pestspiel“ nach einer Dichtung von Anna Linder-Knecht bei der Kapelle aufgeführt werden. Dieses Projekt kam schlussendlich aber nicht zustande, die literarische Vorlage wartet bis heute auf eine Aufführung.

Im Jahr 2016 wurde anlässlich des von Papst Franziskus ausgerufenen Jahres der Barmherzigkeit eine Heilige Pforte an der Kapelle angebracht. Damit wurde das Venser Bild Teil des weltumspannenden Netzes der Heiligen Pforten, die in diesem Jahr erstmals weltweit von Papst Franziskus angeregt worden waren.

Spazieren, Wallfahren, Landschaft erleben:
Eine kleine Wanderung zum Venser Bild ist lohnenswert. Vom Ortszentrum ist durch die Parzelle Vens die Wallfahrtskirche rasch erreicht. Zurück ins Dorf bietet sich der Weg entlang der Ill taleinwärts am Fuß der Vandanser Steinwand an.

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 19 vom 13. Mai 2021)