11. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B, 13. Juni 2021

Wort zum Sonntag von P. Karl Schauer

Letztlich ist Gott verlässlich, alles wird gut. Das ist kein Impfstoff gegen die Verzweiflung, sondern die Hoffnung des Vertrauenden und Suchenden. Auf Gott ist Verlass:

1. Lesung

Ezechiel 17,22-24

So spricht Gott, der Herr: Ich selbst nehme vom hohen Wipfel der Zeder und setze ihn ein. Einen zarten Zweig aus ihren obersten Ästen breche ich ab, ich selbst pflanze ihn auf einen hohen und aufragenden Berg. Auf dem hohen Berg Israels pflanze ich ihn. Dort treibt er dann Zweige, er trägt Früchte und wird zur prächtigen Zeder. Alle Vögel wohnen darin; alles, was Flügel hat, wohnt im Schatten ihrer Zweige. Dann werden alle Bäume des Feldes erkennen, dass ich der Herr bin. Ich mache den hohen Baum niedrig, den niedrigen Baum mache ich hoch. Ich lasse den grünenden Baum verdorren, den verdorrten Baum lasse ich erblühen. Ich, der Herr, habe gesprochen und ich führe es aus.

Gott ist verrückt nach dem Menschen! Er liefert den Menschen nicht aus. Gericht ist: Wo die Narren und Propheten dieser Welt schon gerichtet sind. Für alle Menschen hält Gott Zukunft bereit:

2. Lesung

2 Korinther 5,6-10

Wir sind also immer zuversichtlich, auch wenn wir wissen, dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leib zu Hause sind; denn als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende. Weil wir aber zuversichtlich sind, ziehen wir es vor, aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein. Deswegen suchen wir unsere Ehre darin, ihm zu gefallen, ob wir daheim oder in der Fremde sind. Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat.

Gottes Reich wächst ohne unser Zutun. Die Kirche ist nur Werkzeug, nicht das Ziel der Verkündigung des Evangeliums. Sein Reich steht noch aus. Ob wir es wollen?

Evangelium

Markus 4,26-34

In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da. Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben? Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können. Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten. Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.

 

Wort zum Sonntag

Pfr. Georg NigschP. Karl Schauer OSB, Bischofsvikar in der Diözese Eisenstadt. Den Autor erreichen Sie unter

Wort zum Evangelium

Das Gleichnis vom Senfkorn bleibt ein Wunder. Nicht die Kirche ist der Inhalt der Verkündigung Jesu, sondern das Reich Gottes. Nicht seine Person steht im Mittelpunkt, sondern das verheißene Reich seines Vaters. Jesus hat das Reich Gottes verkündet, gekommen ist die Kirche.
Oft dröhnen die Schlagwörter eifriger Kirchenfunktionäre: „Kirche neu denken“, „Mach mal Kirche“, gepaart mit unzähligen Sitzungen, Papieren, Modellen und Entwürfen. Ob das nicht ein Eingeständnis unserer Ratlosigkeit ist? Schon damals konnten die Jünger und die Christen des Anfangs das rasche Kommen des Reiches Gottes nicht mehr erwarten. Die Naherwartung und das Kommen des Messias zeichnen die Evangelien und inspirieren die apokalyptischen Zuspitzungen im Alten Bund. Über Jahrhunderte reden die Verkünder von diesem Reich Gottes, andere haben es längst aus ihrem Repertoire gestrichen, und die Theologie hat das Reden vom kommenden Reich meist abgesagt. Das Reich Gottes – die Schlüsselbotschaft des christlichen Glaubens. Nicht die Kirche, ob Heimat oder Entfremdung, nicht der Glaube, ob fragil oder überzeugend, nicht die suspekte Frage: „Was würde Jesus heute tun?“ und nicht die Neuevangelisierung sind Inhalt der Botschaft Jesu. Der von der Kirche geschmähte Theologe und Jesuit Teilhard de Chardin sieht die Welt ganz auf Gott zugehen. Und der Jesuit Papst Franziskus wird nicht müde, vom barmherzigen Vater zu reden, der auf uns geduldig wartet. Gottes Reich ist nicht machbar, es entspricht der Wirklichkeit Gottes. Dazu braucht es Gelassenheit und Geduld.

Zum Weiterdenken
Die Kirche ist pilgerndes Gottesvolk. Auch Theologie und Glaube sind Bruchstück und vorläufig. Fragen und Zweifel sind ehrlicher als das Besitzen von Wahrheiten. Wenn uns aber die Sehnsucht nach Gott treibt, dann sind wir dem Ziel nahe.

 

Gut ist es, dem Herrn zu danken,
deinem Namen, du Höchster, zu singen und zu spielen,
am Morgen deine Huld zu verkünden
und in den Nächten deine Treue.
Der Gerechte sprießt wie die Palme,
er wächst wie die Zeder des Líbanon.
Gepflanzt im Hause des Herrn,
sprießen sie in den Höfen unseres Gottes.
Sie tragen Frucht noch im Alter
und bleiben voll Saft und Frische;
sie verkünden: Der Herr ist redlich,
mein Fels! An ihm ist kein Unrecht.

Antwortpsalm (aus Psalm 92)

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 23 vom 10. Juni 2021)