Rudolf Sagmeister stellt in der KirchenBlatt-Serie „Mein Lieblingskunstwerk“ das erste abstrakte Kirchenfenster in Vorarlberg von Fritz Pfister vor. Der Kurator des Kunsthauses Bregenz hat eine sehr persönliche Beziehung zu Fritz Pfister, aus dessen Nachlass er auf Wunsch des Künstlers ein Werk aussuchen durfte.

Rudolf Sagmeister

Fritz Pfister (1924-1989) hat für die ursprünglich als Taufkapelle erbaute Carl-Lampert-Kapelle 1958 eine farbige Komposition aus Glasbausteinen geschaffen. Es handelt sich dabei um das erste vollständig abstrakte Kirchenfenster in Vorarlberg. Diese Farbsymphonie besteht aus farbigen Beton-Glasbausteinen. Eine besondere Rundung zeichnet das Werk ebenfalls aus. Die Betonglasfenster waren damals eine große Innovation, die auch Martin Häusle für seine nicht unterzubewertenden Kirchenfenster in der Diözese Feldkirch nutzte. Übrigens, das Kunsthaus Bregenz hat in seinem Untergeschoss ebenfalls transparente Betonglasstein-Wände. Fritz Pfister hat sich intensiv mit Glaskunst beschäftigt und als Glaskünstler in der Zeit der Schaffung dieser außergewöhnlichen Arbeit in der Glaser-Werkstätte von Bruno Dallaser in Dornbirn gearbeitet. Dieser Auftrag der Kirche war für ihn von existentieller Bedeutung, weil er damals als Künstler um sein Überleben kämpfen musste. Das Verständnis für kompromisslos moderne Kunst war in den 1950er-Jahren enden wollend. Das änderte sich nur langsam, was zum Beispiel daran ablesbar ist, dass Fritz Pfister 1972 die Ehrengabe des Landes Vorarlberg für Kunst und Wissenschaft erhielt. Ich ­selber habe eine besondere Beziehung zu Fritz Pfister, der im Brotberuf ab 1968 Professor für Bildnerische Erziehung im Gallus Gymnasium in Bregenz war. In der Oberstufe hatte ich ihn nämlich als Zeichenlehrer und habe in seinem Fach maturiert. Als Fritz Pfister verstorben war, rief mich seine Witwe an, und sagte mir, dass er vor dem Tod noch gesagt hat, dass ich kommen soll und mir von ihm ein Bild aussuchen darf. Seine Bilder und Kirchenfenster kennt kaum jemand. Das hat damit zu tun, dass der Künstler zeitlebens sehr bescheiden war. «

Zur Person

Rudolf SagmeisterDr. Rudolf Sagmeister, geb. 1957, Studium Kunstgeschichte und Philosophie in Wien, Promotion über Rudolf Wacker in Hamburg, Gründungsmitglied und in der Planung des Kunsthauses Bregenz seit 1992, ununterbrochene Arbeit als freier Kunsthistoriker und Kurator am Kunsthaus Bregenz mit einem sehr internationalen Programm. Interesse an lokaler Kunst, Projekt „Leuchtende Bilder“ zu den Kirchenfenstern in Vorarlberg gemeinsam mit seiner Frau Kathleen Fox-Sagmeister. Sagmeister liebt die Kunst und die Kirchen und hält sie für die wichtigsten öffentlichen Kunsträume. Von der Kirche wünscht er sich mehr Sinnlichkeit, schöne Kleider, viel Blumen und innovative Architektur.  www.leuchtende-bilder.com   ölz

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 23 vom 4. Juni 2020)