Ist das Sprichwort „Die Hoffnung stirbt zuletzt“ wahr? Ausgehend von einem Psalmvers werden hier verschiedene Episoden aus der Bibel vorgestellt, die helfen wollen, diese Frage zu beantworten.

von Sr. M. Anastasia Franz

Hoffnung in der Bibel bedeutet so viel wie auf etwas gespannt sein, warten, harren und vertrauen. Hoffnung ist eine positive Erwartungshaltung, dass etwas Bestimmtes eintritt, was durch Gott verheißen worden ist. Wer drauf vertraut, wird in Psalm 146,5 „selig“ genannt: „Selig, wer den Gott Jakobs als Hilfe hat, wer seine Hoffnung auf den HERRN, seinen Gott, setzt.“

Weiter wird im Psalm erklärt, warum man auf Gott hoffen kann: Er hat Himmel und Erde erschaffen und erhält sie. Er hält ewig die Treue. Den Unterdrückten schafft er Recht, gibt den Hungernden Brot und befreit die Gefangenen. Auch öffnet der den Blinden die Augen, richtet die Gebeugten auf und liebt die Gerechten. Er beschützt die Fremden, hilft den Waisen und Witwen, doch den Weg der Frevler krümmt er. Für alle diese Handlungen wird Gott in Psalm 146 gelobt.

Was der Psalm beschreibt, erfahren wir in biblischen Geschichten, besonders auch in der Geschichte des Volkes Israel, das in Ägypten versklavt ist, aber auch in vielen Geschichten des Neuen Testamentes. Weil dieses vertrauter ist, werden hier vor allem Beispiele aus dem Alten Testament verwendet.

Er befreit aus der Gefangenschaft

Das Volk Israel, das fern der Heimat unterdrückt und ausgebeutet wird, macht die Erfahrung der Befreiung aus der Versklavung und des treuen Mitgehens Gottes und seinen Schutz durch die Zeit der Wüstenwanderung hindurch. Und das sogar, wenn es gegen Gott aufbegehrt. Es hat zum Beispiel das Manna, das besondere Brot, das Gott ihm 40 Jahre lang, während seiner Wanderung durch die Wüste, geschenkt hat satt und sagt: „Dieser elenden Nahrung sind wir überdrüssig.“ (Num 21,5)

Zugegeben, wer die Geschichte weiterliest, erfährt, dass Gott nicht gerade erfreut ist und gefährliche Giftschlangen unter das Volk schickt, deren Biss tödlich ist. Da kehrt das Volk um und bekennt seine Sünde und bittet Mose, seinen Anführer, bei Gott Fürbitte einzulegen. Dieser erhält den Auftrag zur Herstellung einer Kupferschlange, die er an einer Fahnenstange anbringt. Wer ab jetzt von einer Schlange gebissen wird und zur Schlange aufblickt, bleibt am Leben. Ein Hoffnungszeichen! Gott ruft die Schlangen nicht zurück, aber er gibt ein „Heilmittel“ gegen sie. Heute deuten wir übrigens dieses Ereignis rückwirkend auf das Kreuz.

Gott bleibt treu, das erfahren die Israeliten bis zu ihrem Einzug ins gelobte Land und durch ihre ganze Geschichte hindurch. Darum können sie feststellen: Dieser Gott, der so treu ist, der uns aus der Knechtschaft des Pharaos befreit hat und uns immer begleitet, ist so mächtig, dass wir glauben, dass er auch Himmel und Erde gemacht hat.

Er richtet die Gebeugten auf

Oder nehmen wir die Geschichte von Ijob: Er ist ein gerechter, frommer Mann, der das Böse meidet, gesegnet mit Reichtum und Nachwuchs. Für Gott ist er ein ganz besonderer Mensch. Eines Tages kommt der Satan mit Gott ins Gespräch. Er findet, dass Ijob Gott nur fürchtet, weil es ihm so gut geht. Gott sagt zu Satan: „Gut, all sein Besitz ist in deiner Hand, nur gegen ihn selbst streck deine Hand nicht aus!“ (Ijob 1,12) Nun verliert Ijob innerhalb von kurzer Zeit alles – sogar die Gesundheit, aber Ijob sündigt nicht. Am Ende des Buches wird er aufgerichtet und von Gott gesegnet: Er erhält Reichtum, Nachwuchs und ein langes Leben.

Er sorgt für Witwen und Waisen

In der Geschichte der Witwe von Sarepta (1 Kön 8-16) erfahren wir, dass der Prophet Elija während einer Hungersnot von ihr verlangt, dass sie mit dem letzten Mehl ein Gebäck für ihn machen soll und verspricht ihr, als sie nicht will: „Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der HERR wieder Regen auf den Erdboden sendet.“ Und so war es. Durch den Propheten Elija hat Gott für die Witwe gesorgt.

An verschiedenen Stellen im Alten Testament steht, dass man für Waisen und Witwen sorgen soll. Tobit, der Vater des Tobias, so lesen wir im nach ihm genannten Buch, selbst Waise, sorgte materiell für Waisen, Witwen und Fremde. Er sagt: „Ich gab den Zehnten und brachte ihn den Waisen, Witwen und Fremden, die sich den Israeliten angeschlossen hatten. (…) Wir hielten davon Mahl nach der Vorschrift, die im Gesetz des Mose gegeben ist, und nach den Unterweisungen, die uns Debora, die Mutter unseres Großvaters Hananael, geboten hatte, weil mein Vater gestorben war und mich als Waise hinterlassen hatte.“

Er öffnet den Blinden die Augen

Jesus selbst hat Blinde geheilt. Der prominenteste unter ihnen ist sicher Bartimäus, über den im Markusevangelium geschrieben wird: Jesus fragte ihn: Was willst du, dass ich dir tue? Der Blinde antwortete: Rabbuni, ich möchte sehen können. Da sagte Jesus zu ihm: Geh! Dein Glaube hat dich gerettet. Im gleichen Augenblick konnte er sehen und er folgte Jesus auf seinem Weg nach. (Mk 10, 51-54)

Jesus ist auferstanden

Jesus hat vielen Menschen Hoffnung gegeben durch seine Rede, seine Zuwendung zu den Armen, Kranken und Ausgestoßenen. Vielen hat er geholfen, viele hat er geheilt. Die Menschen hofften, dass er sie von der Fremdherrschaft der Römer befreien würde, ja sie hofften auf den Messias. Aber dieser Messias wird ans Kreuz geschlagen und stirbt. Für viele ist es eine herbe Enttäuschung. Die Hoffnung ist zerschlagen. Stirbt die Hoffnung zuletzt?

Nein! Dieser Jesus ist nach drei Tagen auferstanden und gegenwärtig in der Welt. Seine Gegenwart ist eine andere, aber sie dauert fort bis zum Ende der Zeiten. Er begleitet die Menschen durch ihr Leben. Im Gottesdienst hören sie auf sein Wort und können ihn empfangen, im Brot des Lebens, in der Eucharistie. Nein, die Hoffnung stirbt nicht! Jesus lebt!