Für die Nationalratswahl am 15. Oktober ist es wichtig, dass nicht nur möglichst viele Bürger/innen wählen gehen, sondern sich auch gut über die Absichten der wahlwerbenden Parteien informieren können. In dieser und den beiden folgenden Ausgaben wird das KirchenBlatt hierfür einen Beitrag leisten und die fünf Spitzenkandidaten der als Klubs derzeit im Parlament vertretenen Parteien jeweils mit einer Frage konfrontieren.

Entscheidung für Österreich
Die Serie zur Nationalratswahl am 15. Oktober 2017

Rückhalt für Ältere, Migrant/innen und Alleinerzieherinnen

Im ersten Durchgang unserer dreiteiligen Umfrage unter Spitzenkandidat/innen der als Klubs im Parlament vertretenen Parteien geht es um soziale Sicherheit.
Die Frage lautet: „Manche ältere Personen, Menschen mit Migrationshintergrund und Alleinerzieherinnen haben ein besonderes Risiko, in sozial prekäre Lebensverhältnisse zu geraten. Wie möchten Sie dieses Risiko reduzieren?“ 

Christian Kern2Bundeskanzler Mag. Christian Kern
Sozialdemokratische Partei

Als Sozialdemokrat ist mir die soziale Gerechtigkeit ein besonderes Anliegen. Die SPÖ hat mit dem Plan A ein Programm für Wohlstand und Sicherheit vorgelegt, das allen Österreicher/innen zugutekommt. Dazu zählen ganz besonders Maßnahmen für jene, die es schwer haben. Wir stehen für eine bundesweit einheitliche, menschenwürdige Mindestsicherung, einen steuerfreien Mindestlohn von 1500 Euro sowie eine Unterhaltsgarantie für Kinder, die Absicherung der Pflege durch sozial gerechte Steuern auf Erbschaften und Schenkungen über eine Million Euro sowie für 5000 zusätzliche Lehrkräfte für ein ideales Bildungs- und Integrationssystem für unsere Kinder und Jugendlichen.
Erfolg 
Es ist Zeit, dass der wirtschaftliche Erfolg Österreichs bei allen ankommt – besonders bei denjenigen, die in prekären Verhältnissen leben. Manche nennen das Nächstenliebe, andere Solidarität. Es ist jedenfalls eine Frage der Gerechtigkeit.

kurz 2Außenminister Sebastian Kurz
Liste Kurz - die neue Volkspartei

Wir machen unsere Politik auf Basis eines christlich-humanistischen Menschenbildes. Wir wollen daher jedem – unabhängig von Alter, gesellschaftlichem Status, Geschlecht oder sozialer Herkunft – ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Mit der Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer, der Abschaffung der Kalten Progression, einem Steuerbonus von 1500 Euro pro Kind für Familien, der Reduktion der Arbeitslosen-Versicherungsbeiträge und einem Bekenntnis zu einem effizienten Gesundheits- und Sozialsystem sowie zur Sicherung der Pflege und Pensionen, entlasten wir speziell kleine und mittlere Einkommen.
Gerechtigkeit
Grundlage dafür ist eine neue Gerechtigkeit: Wer arbeitet und Leistung erbringt, muss auch etwas davon haben. Wer Leistung beziehen will, muss zunächst Leistung erbringen. Wem Leistung zusteht, soll sie unbürokratisch bekommen. Und wer sich selbst nicht helfen kann, dem muss geholfen werden.

Heinz-Christian Strache2Klubobmann Heinz-Christian Strache
Freiheitliche Partei

Eine Mindestpension mit 1200 Euro soll für ältere Menschen die Basis für ein menschenwürdiges Dasein bilden, bei gleichzeitig jährlichem Inflationsausgleich. Hürden bei den Pflegestufen 1 und 2 sollen abgeschafft und das Pflegegeld wertgesichert werden. Zudem wollen wir einen bundesweiten Heizkostenzuschuss für Bedürftige. Für ältere Personen und Migranten, die schon lange da sind und sich integriert haben, braucht es echte Job­angebote des AMS. Für Neuzuwanderer sollte der Arbeitsmarkt in manchen Bereichen geschlossen werden, damit Ältere und Migranten, die schon länger bei uns sind, nicht verdrängt werden können.
Wahlfreiheit
Für Alleinerziehende ist neben der materiellen Absicherung echte Wahlfreiheit in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Kindern entscheidend. Dazu bedarf es unter anderem der Schaffung eines flächendeckenden Kinderbetreuungsangebots und der realen Möglichkeit, in den ersten Lebensjahren bei den Kindern zu sein.

Lunacek Ulrike2Vizepräsidentin der EU-Parl. Mag. Ulrike Lunacek
Die Grünen

Die von uns vorgeschlagene Grundsicherung zielt darauf ab, nicht nur ökonomisch abzusichern, sondern auch die Ursachen von Problemen zu überwinden (Ausbildung, Qualifikation, Gesundheits- oder Rehabilitationsleistungen, Betreuung, Beratung…). Es geht nicht an, dass wir Menschen in Problemlagen Geld in die Hand drücken, aber gar nicht fragen, wo eigentlich das Problem liegt.
Ein zentraler Fehler des Sozialsystems liegt darin, dass die Institutionen nicht kooperieren und Menschen oft nicht erfahren, welche Rechte sie haben. Es braucht eine weisungsfreie Sozialanwaltschaft, die Menschen berät und zu ihrem Recht verhilft.
Pension
Die Grünen treten für eine aufwandsneutrale Umstellung des Pensionssystems auf eine Grundpension zuzüglich einer Erwerbspension aus entrichteten Beiträgen ein. So ist sichergestellt, dass Menschen ab Eintritt in die Pension jedenfalls eine existenzsichernde Eigenpension haben.

Matthias StrolzKlubobmann Mag. Dr. Matthias Strolz
Neos

Wir möchten Rahmenbedingungen schaffen, unter denen die Menschen ihr Leben eigenständig und in Selbstverantwortung meistern können. Deshalb ist unser zentrales Thema Bildung, nicht nur in der Schule, sondern ein ganzes Leben lang. Das ist die beste Absicherung gegen Armut – und die beste Integrationsmaßnahme.
Für Alleinerziehende müssen wir genügend qualitativ hochwertige Kinderbetreuungseinrichtungen schaffen. Gerade am Land ist das oft ein Problem. Außerdem braucht es eine Reform des Pensionssystems: Wir verlangen die Kürzung von Luxuspensionen, die Einführung einer echten Altersteilzeit sowie die Angleichung des Frauenpensionsalters.
Hilfe
Für Menschen, die dennoch in eine soziale Notlage kommen, planen wir ein Bürger/innengeld: Die aktuell unterschiedlichen und komplizierten Sozialleistungen sollen zusammengefasst und einfach zu beantragen sein.

Aus kirchlicher Sicht

von Magdalena M. Holztrattner

Starker Sozialstaat
Arbeitslosigkeit, Armut und Krankheit können jeden treffen. Der Sozialstaat garantiert, dass diese Grundrisiken des Lebens solidarisch getragen werden. Niemand wird im Regen stehen gelassen. Niemand soll beschämt werden. Rechtsansprüche ohne Ansehen der Person sind daher in einem starken Sozialstaat selbstverständlich.

Unsicherheit
Prekarisierung ist jedoch weit verbreitet – ein Prozess des Abbaus sozialer Sicherheiten. Das heißt, dass Menschen, etwa durch unsichere oder schlecht bezahlte Jobs, ihre Zukunft nicht planen können.

Es geht alle an 
Es braucht daher einen starken Sozialstaat, der Arbeits- und Einkommensverhältnisse sichert, gesellschaftliches Mittun und persönliche Entwicklung ermöglicht. Steuergerechtigkeit, Einkommenssicherheit, gute öffentliche Infrastruktur und Investitionen in Bildung sind dabei hilfreich.
Reden wir darüber! Denn wir sind alle aufeinander angewiesen, egal wie arm oder reich jemand ist.

Dr.in Magdalena M. Holztrattner M.A.
ist Direktorin der Katholischen Sozialakademie Österreichs

(aus dem KirchenBlatt Nr. 38 vom 21. September 2017)