Weinen nach der großen Enttäuschung. Suchen nach einem Ort des Trostes. Fragen nach dem Sinn von all dem. Doch dann: Sehen mit österlichen Augen.

Ostern – Lesejahr B, 1. April 2018
Wort zum Sonntag von  Michael Willam

1. Lesung
Apostelgeschichte 10,34a.37–43

Da begann Petrus zu reden und sagte: Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden ­geschehen ist, angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat: wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm. Und wir sind Zeugen für alles, was er im Land der Juden und in Jerusalem getan hat. Ihn haben sie an den Pfahl gehängt und getötet. Gott aber hat ihn am dritten Tag auferweckt und hat ihn erscheinen lassen, zwar nicht dem ganzen Volk, wohl aber den von Gott vorherbestimmten Zeugen: uns, die wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben. Und er hat uns geboten, dem Volk zu verkünden und zu bezeugen: Dieser ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten. Von ihm bezeugen alle Propheten, dass jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen die Vergebung der Sünden empfängt.

2. Lesung
Kolosser 3,1–4

Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt! Richtet euren Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische! Denn ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott. Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit.

Evangelium
Johannes 20,1–18

Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem anderen Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Sie ­haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben. Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen, aber weil der andere Jünger schneller war als ­Petrus, kam er als Erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging jedoch nicht hinein. Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Haupt Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle. Da ging auch der andere Jünger, der als Erster an das Grab gekommen war, hinein; er sah und glaubte. Denn sie ­hatten noch nicht die Schrift verstanden, dass er von den Toten auferstehen müsse. Dann kehrten die Jünger wieder nach ­Hause ­zurück. Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Während sie weinte, beugte sie sich in die Grabkammer hinein. Da sah sie zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen dort, wo der Kopf, den anderen dort, wo die Füße des Leichnams Jesu gelegen hatten. Diese sagten zu ihr: Frau, warum weinst du? Sie antwortete ihnen: Sie ­haben meinen Herrn weggenommen und ich weiß nicht, wohin sie ihn gelegt ­haben. Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war. Jesus sagte zu ihr:
Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast! Dann will ich ihn holen. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: ­Meister. Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott. Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.

Wort zum Sonntag

Wort z.Sonntag April 2018Michael Willam
Theologe, Ethiker, Leiter der Krankenhaus-Seelsorge der
Katholischen Kirche Vorarlberg.
Den Autor erreichen Sie unter

„Frau, warum weinst Du?“

Dieser Satz im wunderschönen Osterevangelium des Johannes hat es mir in mehrerer Hinsicht angetan. Maria von Magdala sitzt am leeren Grab und weint bitterlich. Zu all dem Schmerz, den sie und die anderen Freunde Jesu im Rückblick auf seine brutale Ermordung ertragen mussten, nun auch das noch: Der Leichnam Jesu wurde vermeintlich gestohlen! Wie schrecklich muss für sie die Vorstellung gewesen sein, nun keinen Trauerort mehr für den Verstorbenen zu haben! Genau in diese verzweifelte Gemütslage hinein zeigt sich der Auferstandene zum ersten Mal mit den oben ­genannten Worten. Er erscheint als erstes Maria von Magdala - und weder Petrus noch irgendein anderer Jünger sind in diesem Moment mit dabei. Waren die Jünger ­womöglich zornig, dass ihr Meister ihrem Vernehmen nach aus dem Grab gestohlen wurde? War ihr Herz womöglich durch den Ärger nicht bereit, um die Botschaft der Auferstehung zu empfangen? Bei Maria war dies augenscheinlich nicht der Fall. Sie weinte vor Schmerz. Und genau in diesem Moment kommt Gott ihr entgegen.
„Frau, warum weinst Du?“ Warum nimmt der Auferstandene Kontakt auf mit dieser fast banal klingenden Frage? Müsste er nicht selbst am besten wissen, warum seine Gefährtin so bitterlich weint? „Sag, was soll ich Dir tun?“, „Petrus, liebst Du mich?“, „Warum schlägst Du mich?“, sind Fragen aus unterschiedlichen Passagen der Bibel, die Jesus Menschen stellt. Bevor Jesus handelt, stellt er Fragen, die uns in die Verantwortung nehmen und uns herausfordern. Sie sind punktgenau gestellt, nicht etwa allgemein oder zweideutig formuliert. Sie führen uns zum Wesentlichen, zu uns selbst, zum Zentrum unseres Tuns, Hoffens und Bangens.

Zum Weiterdenken
So wünsche ich uns allen ein Osterfest, das uns zum Wesentlichen in unseren Beziehungen und in unserem eigenen Menschsein führt. Mit welcher Frage würden Sie beginnen? 

Dankt dem HERRN, denn er ist gut,
denn seine Huld währt ewig!
So soll Israel sagen:
Denn seine Huld währt ewig.
Die Rechte des HERRN, sie erhöht,
die Rechte des HERRN, Taten der Macht vollbringt sie.
Ich werde nicht sterben, sondern leben,
um die Taten des HERRN zu verkünden.
Ein Stein, den die Bauleute verwarfen,
er ist zum Eckstein geworden.
Vom HERRN her ist dies gewirkt,
ein Wunder in unseren Augen.

Antwortpsalm (aus Psalm 118)

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(aus dem KirchenBlatt Nr. 13/14 vom 29. März/5. April 2018)