Ungefähr 2500 Jahre alt und aus einer uns großteils fremden Lebens- und Sprachwelt kommt der Gottesknecht. Sünde, Himmelreich ... viele alte Worte sind zu leeren Worthülsen verkommen. Ein Wort vom Staub der Jahrhunderte zu befreien und sich an die (ursprüngliche) Bedeutung heranzutasten verlangt Einsatz. Neben dem dürren Blatt vergangener Zeit ist am Baum bereits die Knospe des neuen Blattes zu sehen.

Palmsonntag – Lesejahr C, 20. März 2016

1. Lesung
Jesaja  50,4–7

Gott, der Herr, gab mir die Zunge eines Jüngers, damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich auf ihn höre wie ein Jünger. Gott, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück. Ich hielt meinen Rücken denen hin, die mich schlugen, und denen, die mir den Bart ausrissen, meine Wangen. Mein Gesicht verbarg ich nicht vor Schmähungen und Speichel. Doch Gott, der Herr, wird mir helfen; darum werde ich nicht in Schande enden. Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel; ich weiß, dass ich nicht in Schande gerate.

2. Lesung
Philipper  2,6–11

Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: „Jesus Christus ist der Herr“ – zur Ehre Gottes, des Vaters.

Evangelium
Lukas  19,28–40

Nach dieser Rede zog Jesus weiter und zog nach Jerusalem hinauf. Als er in die Nähe von Betfage und Betanien kam, an den Berg, der Ölberg heißt, schickte er zwei seiner Jünger voraus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt. Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr ihn los?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn. Die beiden machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie
den jungen Esel losbanden, sagten die Leute, denen er gehörte: Warum bindet ihr den Esel los? Sie antworteten: Der Herr braucht ihn. Dann führten sie ihn zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und halfen Jesus hinauf.
Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf der Straße aus. Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe! Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, bring deine Jünger zum Schweigen! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Feier des Einzugs Jesu in Jerusalem.
Lukas 19,28–40

Passion – die Leidensgeschichte Jesu.
Lukas 22,14 – 23,56

Wort zum Sonntag

Wort zum Sonntag März 2016Ruth Ferstl
ist Lehrerin für Religion und Musik
an der HBLA Oberwart (mit den Schulzweigen Tourismus,
Mode, Wirtschaft, Produktmanagement),
wohnt in Oberdorf/Südburgenland.
Die Autorin erreichen Sie unter

Sprachverwirrung

Über die geheimnisvolle Person des Gottesknechtes (1. Lesung) wollte ich schreiben, aber wie so oft bleibe ich am Wort hängen. Der Begriff Gottesknecht – unabhängig von theologischer Deutung oder biblischer Sprachwelt – hat für uns „moderne“ Menschen einen bitteren Beigeschmack. Oft, weil wir mehr glauben zu wissen, statt zu glauben und zu wissen.
Die Geschichte eines Wortes überdeckt oft seinen ursprünglichen Sinn. Der Begriff der Sünde ist so ein Fall. Darin steckt für viele die ganze leidige Geschichte von Moralpredigten bis Ablasshandel. Es lohnt sich, auf den Wortursprung zu schauen: Sünde heißt „ein Ziel verfehlen“. Daran ist nichts Schlimmes, nicht einmal eine Wertung; aber was haben die Jahrhunderte daraus gemacht? Nenn es „Begierde“ wie im Buddhismus und niemand hat ein Problem. Aber sprich von Todsünden und ein Sturm bricht los – vermutlich, weil auch hier die Sprachverwirrung zugeschlagen hat. Wurzelsünden heißen sie eigentlich – weit weniger ­bedrohlich und viel aussagekräftiger.
Künstler wetteiferten jahrhundertelang, uns die Hölle oder Christus am Kreuz in blutigsten Farben zu malen. Wie schrecklich und nach­haltig wurde ihr Sinn dadurch verändert! Nicht die Theologen, oft hat uns der Volksmund die Suppe eingebrockt. Wir schlagen uns ­herum mit „Christkindl oder Weihnachtsmann“ und kämpfen, dass der Nikolaus (selbst ohne Krampus!) nicht aus dem ­Kindergarten verbannt wird. Kreuze, auch wenn farbenfroh und fröhlich gestaltet, wie in den ersten Jahrhunderten der Christen, werden von manchen für psychischen Störungen verantwortlich gemacht.
Nicht nur die Schulen leiden an den Folgen der „schwarzen Pädagogik“! Viel öfter ­sollten wir unsere christlichen Begriffe vom Staub der Jahrhunderte befreien und ihnen ihre ­ursprüngliche Bedeutung wiedergeben.

Zum Weiterdenken
Einer meiner Schüler meinte, er hätte ein Pro­blem mit dem Satz „Dein Wille geschehe“.  Das sei quasi ein Blankoscheck. Was, wenn Gott etwas will, das ich aber nicht will?  Gute ­Frage, finde ich – es gehört viel dazu, das ehrlich ­sagen zu können.

Meine Seele, sie lebt für dich
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen,
bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage?
Du bist es, der mich aus dem Schoß meiner Mutter zog,
mich barg an der Brust der Mutter.
Du, meine Stärke, eil mir zu Hilfe!
Denn er hat nicht verachtet,
nicht verabscheut das Elend des Armen.
Er verbirgt sein Gesicht nicht vor ihm;
er hat auf sein Schreien gehört.

Antwortpsalm, aus Psalm 22

(aus dem KirchenBlatt Nr. 11 vom 17. März 2016)