12. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr A, 22. Juni 2014. Wort zum Sonntag von Brigitte Knünz.

„Wie lange noch halt’ ich das aus?“ Das Aus- oder Durchhalten in schweren Situationen drückt viele Menschen nieder, sei es heute in der Pflege von Angehörigen, als Alleinerzieherin oder im Beruf. Damals war Jeremia am Boden zerstört, wie sollte es bloß weitergehen? Hilfe bekam er allerdings von unerwarteter Seite ... was Jeremia aber nicht hinderte, sie anzunehmen. Warum eigentlich nicht auch Hilfe von einem (noch) unbekannten Menschen annehmen? Lass dir helfen! Vielleicht ist genau das eine prophetische Botschaft für heute.

1. Lesung
Jeremia  20,10–13

[Jeremia sprach ...] hörte ich doch das Flüstern der Vielen: Grauen ringsum! Zeigt ihn an! Wir wollen ihn anzeigen. Meine nächsten Bekannten warten alle darauf, dass ich stürze: Vielleicht lässt er sich betören, dass wir ihm beikommen können und uns an ihm rächen. Doch der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held. Darum straucheln meine Verfolger und kommen nicht auf. Sie werden schmählich zuschanden, da sie nichts erreichen, in ewiger, unvergesslicher Schmach. Aber der Herr der Heere prüft
die Gerechten, er sieht Herz und Nieren.
Ich werde deine Rache an ihnen erleben; denn dir habe ich meine Sache anvertraut. Singt dem Herrn; denn er rettet das Leben des Armen aus der Hand der Übeltäter.

2. Lesung
Römer  5,12–15

Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, weil alle sündigten. Sünde war schon vor dem Gesetz in der Welt, aber Sünde wird nicht angerechnet, wo es kein Gesetz gibt; dennoch herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die, welche nicht wie Adam durch Übertreten eines Gebots gesündigt hatten; Adam aber ist die Gestalt, die auf den Kommenden hinweist. Doch anders als mit der Übertretung verhält es sich mit der Gnade; sind durch die Übertretung des einen die vielen dem Tod anheim gefallen, so ist erst recht die Gnade Gottes und die Gabe, die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus bewirkt worden ist, den vielen reichlich zuteil geworden.

Evangelium
Matthäus  10,26–33

Darum fürchtet euch nicht vor ihnen! Denn nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird. Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet am hellen Tag, und was man euch ins Ohr flüstert, das verkündet von den Dächern. Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können, sondern fürchtet euch vor dem, der Seele und Leib ins Verderben der Hölle stürzen kann. Verkauft man nicht zwei Spatzen für ein paar Pfennig? Und doch fällt keiner von ihnen zur Erde ohne den Willen eures Vaters. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt. Fürchtet euch also nicht! Ihr seid mehr wert als viele Spatzen. Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater im Himmel verleugnen. 

WORT ZUM SONNTAG

Brigitte KnünzBrigitte Knünz 
ist Leiterin der Gemeinschaft
Werk der Frohbotschaft Batschuns, Vorarlberg.
Die Autorin erreichen Sie unter
sonntag@kirchenzeitung.at   

Wenn’s alleine nicht mehr geht ...

„Das schaffst du nicht! Schau zuerst auf dich! Gib auf, es ist zu viel, zu lange, zu schwer, es lohnt sich nicht …“ – Wer von uns hat solche Sätze nicht auch schon gesagt bekommen? Oft von der eigenen inneren Stimme. Ein Getuschel von äußeren und inneren Einsagern, das ein Ringen auslöst, zwischen Aufgeben oder Kämpfen für die eigene Überzeugung.
Jeremia steht da grad mittendrin (s. 1. Lesung). Er ringt mit einem Auftrag Gottes und leidet unter dessen Auswirkungen. Jeremia scheint heftigen Anfeindungen gegenüberzustehen, sogar seine Freunde sind auf die gegnerische Seite gewechselt. Dieser „Prophet des Unheils“ ist zweifelsohne ein unbequemer Zeitgenosse.

Wie hält er diesem Druck stand? Wenn wir weiterlesen im Bibeltext, entdecken wir, dass auch Jeremia kein erhaben Glaubender war, den nichts erschüttern konnte. Nein, er verflucht den Tag seiner Geburt, wünscht sich, er wäre gestorben bevor er geboren wurde. Jeremia ist am Ende – beinahe. Er sinkt tief. Ganz wörtlich. Er wird nämlich in eine Zisterne geworfen, deren Grund Schlamm ist, in dem er versinkt (vgl. 38,6). Er ist am Boden, ja noch tiefer.

In dieser lebensbedrohlichen Situation setzt sich ein Fremder beim König für ihn ein und erwirkt seine Rettung aus dem Schlammloch. Jeremia erfährt durch die Hilfe dieses Fremden die Treue Gottes. Mit so einer „Tiefenerfahrung“ kann er sagen: „Der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger Held. […] Dir habe ich meine Sache anvertraut“ (V. 11f).

Das Aus- oder Durchhalten in schweren Situationen drückt viele Menschen nieder, sei es heute in der Pflege von Angehörigen, als Alleinerzieherin oder im Beruf. „Wie lange noch halt’ ich das aus?“ mag die bange Frage sein. Der Herr steht auch uns bei. Oft in Gestalt von Menschen, die wir jetzt noch gar nicht kennen. Lass dir helfen! Vielleicht ist genau das eine prophetische Botschaft für heute!

Zum Weiterdenken
Ich lasse mir helfen ... und deute es als Zuwendung Gottes.

Ich bin müde vom Rufen, meine Kehle ist heiser,
mir versagen die Augen, während ich warte auf meinen Gott.
Denn deinetwegen erleide ich Schmach
und Schande bedeckt mein Gesicht.
Man redet über mich in der Versammlung am Tor,
von mir singen die Zecher beim Wein.
Ich aber bete zu dir, Herr, zur Zeit der Gnade.
Erhöre mich in deiner großen Huld, Gott, hilf mir in deiner Treue!
Wende dich mir zu in deinem großen Erbarmen!
Verbirg nicht dein Gesicht vor deinem Knecht;
denn mir ist angst. Erhöre mich bald!

Aus Psalm 69

(Aus dem KirchenBlatt Nr. 25 vom 19. Juni 2014)