5. Fastensonntag – Lesejahr C, 17. März 2013, Wort zum Sonntag von Franz Kogler.

So wie Jesus von Gott redet und wie er sich verhält, macht deutlich: Gott geht es nicht um Verurteilen und die Frage, wer welche Schuld auf sich geladen hat, sondern es geht um die Einladung zu einem Neuanfang. Entscheidend ist somit nicht das, was hinter einem liegt, sondern sich zu einem Neuanfang einladen zu lassen und dann den (Lebens-)Weg von dieser Zusage her zu gehen. 

Evangelium
Johannes  8, 1–11

Jesus aber ging zum Ölberg. Am frühen Morgen begab er sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es. Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt. Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du? Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde. Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem andern fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand. Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat keiner dich verurteilt? Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr. 

1. Lesung
Jesaja  43, 16–21

So spricht der Herr, der einen Weg durchs Meer bahnt, einen Pfad durch das gewaltige Wasser, der Wagen und Rosse ausziehen lässt, zusammen mit einem mächtigen Heer; doch sie liegen am Boden und stehen nicht mehr auf, sie sind erloschen und verglüht wie ein Docht. Denkt nicht mehr an das, was früher war; auch das, was vergangen ist, sollt ihr nicht achten. Seht her, nun mache ich etwas Neues. Schon kommt es zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja, ich lege einen Weg an durch die Steppe und Straßen durch die Wüste. Die wilden Tiere werden mich preisen, die Schakale und Strauße, denn ich lasse in der Steppe Wasser fließen und Ströme in der Wüste, um mein Volk, mein erwähltes, zu tränken. Das Volk, das ich mir erschaffen habe, wird meinen Ruhm verkünden.

2. Lesung
Philipper  3, 8–14

Ja noch mehr: Ich sehe alles als Verlust an, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles übertrifft. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm zu sein. Nicht meine eigene Gerechtigkeit suche ich, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott aufgrund des Glaubens schenkt. Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinem Leiden; sein Tod soll mich prägen. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Nicht, dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus ergriffen worden bin. Ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und ich strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Christus Jesus schenkt. 

WORT ZUM SONNTAG

Franz KoglerFranz Kogler
leitet seit über 20 Jahren das Bibelwerk Linz,
wo ihm mit seinem Team ein lebendiger Zugang
zur Bibel ein besonderes Anliegen ist.
Den Autor erreichen Sie unter sonntag@kirchenzeitung.at

Verlier dein Lebensziel nicht aus den Augen

Auf dem Weg auf Ostern hin leuchtet in den Bibeltexten des Sonntags noch einmal die Weite Gottes und die Einladung Jesu auf. So wie Jesus von Gott redet und wie er sich verhält, macht deutlich: Gott geht es nicht um Verurteilen und die Frage, wer welche Schuld auf sich geladen hat, sondern um die Einladung zu einem Neuanfang. Entscheidend ist somit nicht das, was hinter uns liegt, sondern ob wir uns zu einem Neuanfang einladen lassen und dann den (Lebens-)Weg von dieser Zusage her bereit sind zu gehen. Das Evangelium ist Ansporn und Aufruf: „Geh und verlier dein Lebensziel, zu dem du berufen bist, nicht aus den Augen.“

In einer eigentlich vollkommen ausweglosen Situation, sowohl für Jesus als auch für die beim Ehebruch ertappte Frau, tut sich ein neuer Weg auf, sodass am Ende nicht die Verurteilung steht, sondern eine neue Chance. Aus der Sicht der Anklagenden ist die Sache klar: Auf Ehebruch stand nach dem Gesetz die Todesstrafe. Scheinbar haben die Anklagenden aber nur die Frau im Blick und erwähnen den nach dem Gesetzestext ebenfalls zu verurteilenden Ehebrecher mit keiner Silbe (Männersache?!). Jesus macht die Fragesteller „betroffen“: „Wer von euch ohne Sünde ist ...“ Mit diesem Wort zwingt er sie zum Nachdenken.

Aus der Sicht der Frau gibt es nach der sicher scheinenden Verurteilung eine neue Chance mit einer Zusage und einem Auftrag. Zunächst die Zusage: „Auch ich verurteile dich nicht!“ Damit gibt er der Frau die Chance, ein neues Leben zu beginnen. So tritt Jesus hier nicht als Richter, sondern als Retter auf. Und daran wird die Aufforderung angefügt: „Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ oder „Geh und verlier dein Lebensziel, zu dem du berufen bist, nicht aus den Augen.“

Zum Weiterdenken
„Jesus bückte sich nieder und schrieb auf die Erde.“ Scheinbar ist Jesus sprachlos. Aber gerade ohne jedes Wort rettet er die Situation – und damit die Frau … auch die herumstehenden Männer erhalten so die Chance, ohne Gesichtsverlust die „Bühne“ zu verlassen.