Taufe des Herrn – Lesejahr A, 12. Jänner 2014. Wort zum Sonntag von P. Dr. Bruno Niederbacher SJ

Der Gedanke, dass Gott auf uns Menschen schaut, wurde und wird manchmal missbraucht – als ob Gott missgünstig beobachten würde. „Gott geht mit uns anders um als die Menschen dieser Generation. Denn die Menschen geben bei unseren Handlungen auf das acht, was an ihnen schlecht oder unvollkommen ist; das bemerken sie, das halten sie fest. Gott hingegen schaut auf das, was wir an Gutem tun ...“, soll der hl. Ignatius gesagt haben. Gott sieht das Gute in mir und freut sich. Auf Gott, der uns liebevoll im Blick hat, darauf kann wie auf einem sicheren Fundament das eigene Haus des Glaubenslebens stehen. 

1. Lesung
Jesaja  42,5a. 1–4. 6–7


So spricht Gott der Herr: [...] Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze; das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen. Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Völkern das Recht. Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen. Das geknickte Rohr zerbricht er nicht, und den glimmenden Docht löscht er nicht aus; ja, er bringt wirklich das Recht. Er wird nicht müde und bricht nicht zusammen, bis er auf der Erde das Recht begründet hat. Auf sein Gesetz warten die Inseln. [...] Ich, der Herr, habe dich aus Gerechtigkeit gerufen, ich fasse dich an der Hand. Ich habe dich geschaffen und dazu bestimmt, der Bund für mein Volk und das Licht für die Völker zu sein: blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen und alle, die im Dunkel sitzen, aus ihrer Haft zu befreien.

2. Lesung
Apostelgeschichte  10,34–38

Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist. Er hat das Wort den Israeliten gesandt, indem er den Frieden verkündete durch Jesus Christus; dieser ist der Herr aller. Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden geschehen ist, angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat: wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm.

Evangelium
Matthäus  3,13–17


Zu dieser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft werden, und du kommst zu mir? Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit (die Gott fordert) ganz erfüllen. Da gab Johannes nach. Kaum war Jesus getauft und aus dem Wasser gestiegen, da öffnete sich der Himmel und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe. 

Wort zum Sonntag

Bruno Niederbacher

P. Dr. Bruno Niederbacher SJ
ist Jesuit und Philosoph
an der Universität Innsbruck.
Den Autor erreichen Sie unter
sonntag@kirchenzeitung.at


Gott schaut auf mich

„Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“, sprach die Stimme aus dem Himmel. Gott findet Gefallen an Jesus. Das ist die Grundlage für sein ganzes Leben und Handeln, für sein Sterben und Auferstehen. Und ich beginne meine Gebete, indem ich mich sammle und mir bewusst werde, dass Gott mit Gefallen und Freude auf mich schaut. Ich stelle mich in diesen liebenden Blick und verweile darin.
Unser Ordensgründer, Ignatius von Loyola, gebraucht das Bild vom Fundament. Ich denke dabei an ein Fundament, um ein Haus zu bauen. Treibsand wäre wohl kein gutes Fundament, ein sumpfiges Gebiet auch nicht, ebenso wenig ein Hang, der leicht ins Rutschen kommt.

Ähnlich kann man auch fragen: Auf welchem Fundament steht mein Leben? Manche bauen auf ihre Leistung, andere auf den Ruf, den sie genießen, wieder andere auf Karriere. Doch wie schnell kann all das zu Ende sein! Unser Glaube empfiehlt, auf ein anderes Fundament zu bauen: auf Gott, der uns liebevoll im Blick hat.
Der Gedanke, dass Gott auf uns schaut, wurde und wird manchmal missbraucht: als ob er uns missgünstig beobachten würde. Doch Ignatius soll gesagt haben: „Gott geht mit uns anders um als die Menschen dieser Generation. Denn die Menschen geben bei unseren Handlungen auf das acht, was an ihnen schlecht oder unvollkommen ist; das bemerken sie, das halten sie fest. Gott hingegen schaut auf das, was wir an Gutem tun. Bei unseren Unvollkommenheiten aber drückt er ein Auge zu.“Und so mag ich es, mir bewusst zu machen, dass Gott mit Gefallen auf uns schaut, dass er uns jeden Augenblick unseres Lebens ins Dasein liebt: jetzt und jetzt und jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Zum Weiterdenken

Ich mache mir am Morgen, am Beginn eines Gebets, vor Beginn der Messe bewusst, dass Gott mit Liebe und Freude auf mich schaut. Beim Tagesrückblick am Abend bleibe ich nicht beim Negativen hängen, sondern lenke die Aufmerksamkeit auf die guten Dinge. Denn Gott sieht das Gute in mir und freut sich darüber. 

Größer als mein Herz

Du, der gerufen hat „Licht“,
und das Licht wurde geboren,
und es war gut, es wurde Abend und Morgen,
damals bis heut.
Du, der gerufen hat „o Mensch“,
und wir wurden geboren,
du, der mein Leben so geführt hat bis hierher,
dass ich noch lebe.
Denn du bist der Gott, größer als mein Herz,
der mich hat gesehn, eh ich war geboren.
(huub oosterhuis, ich steh vor dir. meditationen, gebete und lieder)

Aus dem KirchenBlatt Nr. 2 vom 9. Jänner 2014