2. Adventsonntag - Lesejahr A, 8. Dezember 2013. Wort zum Sonntag von Sr. Emmanuela Reichl.

Kehrt um! – das heißt im Sinne Jesu: Denkt und lebt über das hinaus, was ihr früher gedacht und gelebt habt! Kehrt um! – Denkt größer von Gott, noch größer als jemals zuvor; das heißt: größer denken auch von sich selbst und vom Mitmenschen, größer denken vom Leben und vom Dasein überhaupt. Und aus diesem „größeren Denken und Sinnen“ her größer leben. 

Evangelium
Matthäus  3,1–12

In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. Er war es, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat: Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung. Die Leute von Jerusalem und ganz Judäa und aus der ganzen Jordangegend zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.

Als Johannes sah, dass viele Pharisäer und Sadduzäer zur Taufe kamen, sagte er zu ihnen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Gericht entrinnen könnt? Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben ja Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen Kinder Abrahams machen. Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. Ich taufe euch nur mit Wasser zum Zeichen der Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. Schon hält er die Schaufel in der Hand; er wird die Spreu vom Weizen trennen und den Weizen in seine Scheune bringen; die Spreu aber wird er in nie erlöschendem Feuer verbrennen.

1. Lesung
Jesaja  11,1–10

Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht. Der Geist des Herrn lässt sich nieder auf ihm: der Geist der Weisheit und der Einsicht, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Gottesfurcht. Er erfüllt ihn mit dem Geist der Gottesfurcht. Er richtet nicht nach dem Augenschein, und nicht nur nach dem Hörensagen entscheidet er, sondern er richtet die Hilflosen gerecht und entscheidet für die Armen des Landes, wie es recht ist. Er schlägt den Gewalttätigen mit dem Stock seines Wortes und tötet den Schuldigen mit dem Hauch seines Mundes. Gerechtigkeit ist der Gürtel um seine Hüften, Treue der Gürtel um seinen Leib.
Dann wohnt der Wolf beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Knabe kann sie hüten. Kuh und Bärin freunden sich an, ihre Jungen liegen beieinander. Der Löwe frisst Stroh wie das Rind. Der Säugling spielt vor dem Schlupfloch der Natter, das Kind streckt seine Hand in die Höhle der Schlange. Man tut nichts Böses mehr und begeht kein Verbrechen auf meinem ganzen heiligen Berg; denn das Land ist erfüllt von der Erkenntnis des Herrn, so wie das Meer mit Wasser gefüllt ist. An jenem Tag wird es der Spross aus der Wurzel Isais sein, der dasteht als Zeichen für die Nationen; die Völker suchen ihn auf; sein Wohnsitz ist prächtig.

2. Lesung
Römer  15,4–9

Und alles, was einst geschrieben worden ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, damit wir durch Geduld und durch den Trost der Schrift Hoffnung haben. Der Gott der Geduld und des Trostes schenke euch die Geduld und die Einmütigkeit, die Christus Jesus entspricht, damit ihr Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, einträchtig und mit einem Munde preist.Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes. Denn, das sage ich, Christus ist um der Wahrhaftigkeit Gottes willen Diener der Beschnittenen geworden, damit die Verheißungen an die Väter bestätigt werden. Die Heiden aber rühmen Gott um seines Erbarmens willen; es steht ja in der Schrift: Darum will ich dich bekennen unter den Heiden und deinem Namen lobsingen. 

Wort zum Sonntag

Sr. Emmanuela ReichlSr. Emmanuela Reichl
geistliche Leitung, dipl. Beraterin in
Logotherapie nach Viktor Frankl
und Meditationsleiterin im
Kneipp Traditionshaus der Marienschwestern
vom Karmel in Aspach.

Die Autorin erreichen Sie unter sonntag@kirchenzeitung.at

Kehrt um! Denkt größer!

Vom Auftreten Johannes’ des Täufers in der Wüste von Judäa erzählt uns das Evangelium.
Der Täufer ist zu Israel gesandt; ganz Jerusalem, Judäa und die Jordangegend ziehen zu ihm in die Wüste. „In jenen Tagen trat Johannes der Täufer auf und verkündete in der Wüste von Judäa: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe“. (Mt 3, 1–2) Seine Verkündigung von der Nähe des Himmelreiches steht – zusammen mit der Umkehrforderung – in größter Nähe zur Verkündigung Jesu. „Als Jesus hörte, dass man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, zog er sich nach Galiläa zurück. Von da an begann Jesus zu verkünden: Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe“. (Mt 4,12; 17)

Jesu „Kehrt um!“ meint mehr als ein Zurückkehren, viel mehr als das, was einem beim Hören der Worte „Kehrt um!“ in den Sinn kommt. Jesus moralisiert nicht, er ruft nicht zur Rückkehr zu Früherem auf, zu dem, was bisher religiös und moralisch als gut und richtig galt.

Jesus fordert eine Hinkehr zu Gott ein. Er ruft zu einer größeren, höheren Sicht von Gott auf, von Gottes Haltung den Menschen gegenüber, und damit verbunden zu einer größeren, höheren Sicht von uns selbst und voneinander. Kehrt um! – das heißt im Sinne Jesu: Denkt und lebt über das hinaus, was ihr früher gedacht und gelebt habt! Kehrt um! – das heißt: Denkt größer von Gott, noch größer als jemals zuvor; das heißt: größer denken auch von sich selbst und vom Mitmenschen, größer denken vom Leben und vom Dasein überhaupt. Und dann aus diesem „größeren Denken und Sinnen“ her größer leben. Größer denken, das ist ein Leitwort, das uns über alle Grenzen hinweg verbinden kann. Es betrifft alle Bereiche und alle Belange des Lebens und lässt uns die Stimme des Rufenden in der Wüste richtig hören: „Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen!“

Zum Weiterdenken

Alte prophetische Hoffnungsbilder geben verschütteten Sehnsüchten Raum. Welche Namen haben meine Sehnsüchte? Unter welchen unversöhnlichen Gegensätzen leide ich? Welche Hoffnungen setze ich auf Gott, der seinen Gesalbten geschickt hat, uns zu befreien?

Dann tragen die Berge Frieden für das Volk
und die Höhen Gerechtigkeit.
Er wird Recht verschaffen den Gebeugten im Volk,
Hilfe bringen den Kindern der Armen,
er wird die Unterdrücker zermalmen.
Die Gerechtigkeit blühe auf in seinen Tagen
und großer Friede, bis der Mond nicht mehr da ist.
Glücklich preisen sollen ihn alle Völker
und in ihm sich segnen.

Antwortpsalm, aus Psalm 72