„Etwas zu gelten”, das zählt zu den elementaren Grundbedürfnissen des Menschen. Damit uns das nicht unerträglich macht für die Anderen, setzt die christliche Botschaft voll auf die Geschwisterlichkeit aller Menschen.

31. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A, 5. November 2017
Wort zum Sonntag von Elisabeth Wertz

Evangelium
Matthäus  23,1–12

Darauf sprach Jesus zum Volk und zu seinen Jüngern und sagte: Auf dem Stuhl des Mose sitzen die Schriftgelehrten und die Pharisäer. Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach ihren Taten; denn sie reden nur, tun es aber nicht. Sie schnüren schwere und unerträgliche Lasten zusammen und legen sie den Menschen auf die Schultern, selber aber wollen sie keinen Finger rühren, um die Lasten zu bewegen. Alles, was sie tun, tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden: Sie machen ihre Gebetsriemen breit und die Quasten an ihren Gewändern lang, sie lieben den Ehrenplatz bei den Gastmählern und die Ehrensitze in den Synagogen und wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt und die Leute sie Rabbi nennen. Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemanden auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte von euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

1. Lesung
Maleachi  1,14b–2,2b.8-10

Ja, ein großer König bin ich, spricht der HERR der Heerscharen, und mein Name ist bei den Völkern gefürchtet. Jetzt gilt dieses Gebot für euch, ihr Priester: Wenn ihr nicht hört und nicht von Herzen darauf bedacht seid, meinen Namen in Ehren zu halten – spricht der HERR der Heerscharen –, dann schleudere ich meinen Fluch gegen euch und verfluche den Segen, der auf euch ruht.
Ihr aber, ihr seid abgewichen vom Weg, ihr habt viele zu Fall gebracht durch eure Weisung; ihr habt den Bund Levis zunichte gemacht, spricht der HERR der Heerscharen. Darum mache ich euch verächtlich und erniedrige euch vor dem ganzen Volk, so wie ihr euch nicht an meine Wege haltet und auf die Person seht bei der Weisung. Haben wir nicht alle denselben Vater? Hat nicht der eine Gott uns erschaffen? Warum handeln wir dann treulos, einer gegen den andern, und entweihen den Bund unserer Väter?

2. Lesung
1 Thessalonicher  2,7b–9.13

Wie eine Mutter für ihre Kinder sorgt, so waren wir euch zugetan und wollten euch nicht nur am Evangelium Gottes teilhaben lassen, sondern auch an unserem Leben; denn ihr wart uns sehr lieb geworden. Ihr erinnert euch, Brüder und Schwestern, wie wir uns gemüht und geplagt haben. Bei Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen, und haben euch so das Evangelium Gottes verkündet.
Darum danken wir Gott unablässig dafür, dass ihr das Wort Gottes, das ihr durch unsere Verkündigung empfangen habt, nicht als Menschenwort, sondern – was es in Wahrheit ist – als Gottes Wort angenommen habt; und jetzt ist es in euch, den Glaubenden, wirksam.

Wort zum Sonntag

Wort zum So Nov 2017Elisabeth Wertz
hat Religionspädagogik studiert und
arbeitet als Religionslehrerin und Pastoralassistentin
in Pinkafeld (Südburgenland).
Die Autorin erreichen Sie unter

Demut macht uns zu Geschwistern

Im Matthäusevangelium werden Pharisäer und Schriftgelehrte oft als Negativbeispiel für religiöses Handeln zur Zeit Jesu angeführt – so auch im heutigen Abschnitt. Dennoch fordert Jesus seine Anhänger auf, die Gesetze von Mose, die sie predigen, zu bewahren. Jesus verwirft also nicht die Gesetze des Alten Testamentes, sondern prangert hier die Umsetzung an.
Der Messias warnt seine Zuhörer davor, geltungssüchtig und hochmütig zu werden. Sie sollen sich nicht groß machen mit Ehrentiteln wie „Rabbi“, „Vater“ (als Bezeichnung für Gott) oder „Lehrer“, sondern sie sollen Diener sein. Dieser Verzicht auf Titel und Ehrenplätze sollte dazu beitragen, dass unter den Christen damals eine Gemeinschaft von Geschwistern entstehen konnte. Der über 1900 Jahre alte Text hat aber auch heute noch seine Berechtigung und hat nichts von seinem Auftrag an uns Christen eingebüßt: „Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Nur wenn wir in unserer (Pfarr-)Gemeinde, in unserer Familie, an unserem Arbeitsplatz und in unserer Freizeit aufeinander zugehen und uns gegenseitig helfen, können wir eine Gemeinschaft werden, wie sie sich Jesus vorgestellt hat – eine Gemeinschaft, die nicht von Arroganz und Geltungssucht geprägt ist, sondern von Nächstenliebe.

Zum Weiterdenken
Sind wir heute auch manchmal wie Pharisäer, die zwar groß über das reden, was andere in Politik, Wirtschaft und Privatleben falsch machen, aber selbst nichts zur Verbesserung beitragen? Was habe ich gestern gemacht, damit die Welt ein kleines Stück besser wird?

HERR, mein Herz überhebt sich nicht,
nicht hochmütig blicken meine Augen,
ich gehe nicht um mit großen Dingen,
mit Dingen, die mir nicht begreiflich sind.
Vielmehr habe ich besänftigt,
habe zur Ruhe gebracht meine Seele.
Wie ein gestilltes Kind bei seiner Mutter,
wie das gestillte Kind, so ist meine Seele in mir.
Israel, warte auf den HERRN
von nun an bis in Ewigkeit!

Antwortpsalm, aus Psalm 131

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(aus dem KirchenBlatt Nr. 44 vom 2. November 2017)