Wer in dieser Welt dazu berufen ist, das Wort Gottes zu sagen, muss mit Widerstand rechnen. Auch Jesus ist mit seiner Botschaft nicht „angekommen“. Doch er geht seinen Weg allein und ohne Kompromisse. Ganz gleich, ob die Menschen ihn dafür umjubeln oder nach seinem Leben trachten.

4. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr C, 3. Februar 2019
Wort zum Sonntag von Dr. Elisabeth Kathrein

Evangelium

Lukas 4,21–30
Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt. Alle stimmten ihm zu; sie staunten über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen, und sagten: Ist das nicht Josefs Sohn? Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat! Und er setzte hinzu: Amen, ich sage euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt. Wahrhaftig, das sage ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über das ganze Land kam. Aber zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon. Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman. Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut. Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen. Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.

1. Lesung

Jeremia 1,4–5.17–19
Das Wort des HERRN erging an mich: Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt, zum Propheten für die Völker habe ich dich bestimmt. [...] Du aber gürte dich, tritt
vor sie hin und verkünde ihnen alles, was ich dir auftrage! Erschrick nicht vor ihnen, sonst setze ich dich vor ihren Augen in Schrecken! Siehe, ich selbst mache dich heute zur befestigten Stadt, zur eisernen Säule und zur bronzenen Mauer gegen das ganze Land, gegen die Könige, Beamten und Priester von Juda und gegen die Bürger des Landes. Mögen sie dich bekämpfen, sie werden dich nicht bezwingen; denn ich bin mit dir, um dich zu retten – Spruch des HERRN.

2. Lesung

1 Korinther 12,31 – 13,13
Strebt aber nach den höheren Gnadengaben! Dazu zeige ich euch einen überragenden Weg: Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis hätte; wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts. Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte und wenn ich meinen Leib opferte, um mich zu rühmen, hätte aber die Liebe nicht, nützte es mir nichts. Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt,  Erkenntnis vergeht. Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk unser prophetisches Reden; wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

WORT ZUM SONNTAG

Dr. Elisabeth Kathrein
war bis zur Pensionierung Religionslehrerin in Tirol. Die Theologin lebt mit ihrer Familie in Telfs und ist erreichbar unter

Es reicht …

Meist sind unsere Erkenntnisraster schon festgelegt. Die Koordinaten sind bestimmt, wir wissen genau, was wann und wie geschehen wird. Er, aus einer bestimmten Gegend, aus einer gewissen Familie oder mit genau diesem Beruf, er kann nicht anders sein. Sie stammt aus diesem Ort, kein Wunder, dass sie genau so agiert. Unsere Erwartungshaltung den Anderen gegenüber ist geprägt von unseren Gefühlen, unseren Vorstellungen und nicht selten unterfüttert von Vorurteilen. Wir sehen, was wir sehen wollen und lassen anderes nicht gerne zu. Unsere Welt ist eingerichtet, vermessen, abgesichert. Da kommt einer in seine Heimat zurück, seine Rede findet Beifall. Die Zuhörer staunen, wie begnadet er redet und fragen: Ist das nicht der Sohn Josefs? Den kennen sie doch! Der „Sohn Josefs“ erklärt ihnen, dass Gott frei ist Heilung zu schenken, dass bei ihm nicht die Herkunft entscheidet und nicht die Familie, dass Gott sich in seiner Zuwendung nicht an Staatsgrenzen und Kulturen bindet. Wut kommt auf und steigert sich. Die Angestammten halten es nicht aus, dass nicht sie entscheiden, wer zu den Gottgefälligen gehört und wer nicht. Es reicht ihnen, sie verjagen
Jesus, wollen ihn den Hang hinunterstürzen. Er aber schreitet durch die Menge und geht weg. Der „Sohn Josefs“ konnte nicht vermitteln, dass Gottes Heil für alle reicht. Und die Botschaft für heute? Jesus, gestorben am Kreuz und auferstanden, gibt jedem die Chance auf ein Leben in Fülle. Der Sohn Gottes nimmt die Angst, zu kurz zu kommen. Es ist vor allem diese Angst, die wir bewirtschaften mit unseren Machenschaften, Vorurteilen und Ausgrenzungen. Eine grundlose Angst, denn Gott rettet jeden, seine Liebe hört niemals auf. Es liegt aber an uns, die Liebe auch zuzulassen und Jesu Heilsbotschaft anzunehmen.

Zum Weiterdenken

Kann ich Menschen, die mir begegnen, mit dem Blick der Liebe anschauen?
Kann ich wirklich glauben, dass Gott für mich nur das Beste will?

Herr, bei dir habe ich mich geborgen,
lass mich nicht zuschanden werden in Ewigkeit!
Reiß mich heraus und rette mich in deiner Gerechtigkeit!
Neige dein Ohr mir zu und hilf mir!
Sei mir ein schützender Fels, zu dem ich allzeit kommen darf!
Du hast geboten, mich zu retten, denn du bist mein Fels und meine Festung.
Du bist meine Hoffnung, HERR und Gott, meine Zuversicht von Jugend auf.
Vom Mutterleib an habe ich mich auf dich gestützt, aus dem Schoß meiner Mutter hast du mich entbunden, dir gilt mein Lobpreis allezeit.

Mein Mund soll von deiner Gerechtigkeit künden,
den ganzen Tag von deinen rettenden Taten, denn ich kann sie nicht zählen.
Gott, du hast mich gelehrt von Jugend auf
und bis heute verkünde ich deine Wunder.
Antwortpsalm (aus Psalm 71)

(aus dem KirchenBlatt Nr. 5 vom 31. Jänner 2019)