Am Landestheater in Bregenz wird zur Zeit „Miss Sara Sampson“ aufgeführt. Das Stück aus der Feder von Gotthold Ephraim Lessing setzt sich auf eindrückliche Weise mit dem Thema „Freiheit oder Sicherheit“ auseinander.

Bild: Fridtjof Stolzenwald als Sir William und Rahel Jankowski als Miss Sara Sampson im gleichnamigen Stück am Vorarlberger Landestheater

von Petra Baur

Zu Recht gilt der 1729 geborene Lessing als Vorkämpfer der Aufklärung. Mit großem Engagement kämpfte der Pfarrersohn Lessing für Toleranz und eine edlere Gesinnung unter den Menschen. Das spiegelt sich auch in seinen Theaterstücken wider. Dem Landestheater ist nun eine beeindruckende Inszenierung des Klassikers geglückt.  

Kammerstückatmosphäre
Ein hässlicher, armseliger  Raum in einem heruntergekommenen, verlassenen Gasthaus am Meer dient zwei Stunden lang als Kulisse. Miss Sara Sampson sitzt dort mit ihrem Geliebten Mellefont fest. Für ihn hat sie ihren fürsorgenden, aber einengenden Vater verlassen. Die zutiefst gläubige Sara, überzeugend gespielt von Rahel Jankowski,  wird von Ahnungen, Fieber und Albträumen geplagt. Eine Ehe ist für sie unabdingbar.  Mellefont, ausdrucksstark dargestellt von Gregoire Gros,  möchte hingegen die von Sara gewünschte Eheschließung verschieben. Für die tugendhafte Sara ist das ein enormer Konflikt. Durch die Flucht des Liebespaares ist nicht nur der Vater von Sara, Sir William, sondern auch die ehemalige Geliebte von Mellefont, die intrigante Marwood verlassen worden. Marwood, temperamentvoll umgesetzt von Nanette Waidmann, hat zudem eine zehnjährige Tochter von Mellefont. Sowohl Marwood als auch der Vater können das Verlassen-Werden nicht akzeptieren und erscheinen in dem heruntergekommenen Zufluchtsort, wo das Drama seinen weiteren Verlauf nimmt.

Stimmige Inszenierung
Die Inszenierung besticht durch die exakt ausgearbeiteten und gut gespielten Charaktere. Regisseur Tobias Wellemeyer hat besondere Akzente gesetzt, indem er die Geschichte „jüdisch“ erzählt. Für ihn hat der studierte Theologe Lessing mit Sara Sampson kein eindeutig christliches Fräulein beschrieben. Nicht Gott ist für Saras Angstträume nach der Verletzung der sexuellen Tabus verantwortlich. Sie selbst ist es, die hier mit sich ins Gericht geht. Für Wellemeyer sind auch die klugen Versöhnungstechniken des verlassenen Vaters aufgeklärte jüdische Umgangsformen.
Uraufgeführt wurde „Miss Sara Sampson“ im Jahr 1755 in Frankfurt an der Oder. „Die Zuschauer haben drei und eine halbe Stunde zugehört, stille gesessen wie Statuen, und geweint“, heißt es in dem Bericht eines Zeitgenossen. Beim Landestheater dauerte die Premierenaufführung zwei Stunden. Auch in Bregenz war während der ganzen Aufführung kaum ein Räuspern zu hören. Man war von der ersten bis zur letzten Minute gefesselt.

TERMIN

Miss Sara Sampson.
Trauerspiel von Gotthold Ephraim Lessing.

Dauer: zwei Stunden, keine Pause.

Aufführungen: Fr 7.12. / So 30.12. / Sa 12.1. / Do 28.2. / Mi 13.3.,
jeweils um 19.30 Uhr, Großes Haus, Vorarlberger Landestheater Bregenz.

Einführungen: Vor jeder Vorstellung um 19 Uhr.
Publikumsgespräch: Sa 12. Jänner 2019, im Anschluss an die Vorstellung

Karten: T 05574 42870600,

(aus dem KirchenBlatt Nr. 46 vom 15. November 2018)