Die Theatergruppe „theatermobil“ bringt erstmals in Österreich das Stück „Ich werde nicht hassen“ auf die Bühne. Es erzählt die Geschichte des palästinensischen Gynäkologen Izzeldin Abuelaish, der Verzweiflung, Elend, vielerlei Schikanen und den Tod dreier Töchter durch israelische Raketen erlebt hat. Dennoch setzt er sich für Versöhnung und Frieden ein. Ein beeindruckender Mann - ein beeindruckendes Theaterstück.

Elisabeth Willi

Schauspieler Gerhard Zuggal steht mehr als eine Stunde alleine auf der Bühne des „bahnhof Andelsbuch“ und verkörpert den Palästinenser Izzeldin Abuelaish - so überzeugend übrigens, dass einige Theaterbesucher/innen glauben, es sei Abuelaish selbst, der da vor ihnen spricht. Der Schauspieler spielt die Geschichte des Palästinensers chronologisch nach: Von seinem Vater, der sein Haus an den frisch gegründeten Staat Israel verliert und mit der Familie in das Flüchtlingslager Dschabaliya in Gaza umsiedeln muss, wo Abuelaish 1955 geboren wird. Von seinem Lehrer, der ihm eintrichtert, dass er nur durch Bildung die Mauern des Lagers überwinden kann. Von seiner Tätigkeit als erster palästinensischer Arzt, der in Israel gearbeitet hat. Und schließlich von den stundenlangen, unnötigen Verzögerungen durch israelische Grenzkontrolleure, als er nach Israel einreisen möchte, um seiner Frau dort in einem Krankenhaus am Sterbebett beizustehen. Es kommt nicht klar heraus, ob er sie noch lebend angetroffen hat. Eindrücklich ist die Szene trotzdem. Doch es soll noch schlimmer kommen.

Autobiographie

„Ich werde nicht hassen“ beruht auf dem gleichnamigen autobiographischen Buch von Izzeldin Abuelaish, der seit ca. fünf Jahren in Kanada lebt. Als Theater wurde das Buch erstmals in Israel von einer palästinensisch-israelischen Gruppe, die sich für den Frieden einsetzt, aufgeführt. Der Schauspieler und Kabarettist Ernst Konarek und Regisseurin Silvia Armbruster verfassten daraufhin eine deutsche Fassung für die Bühne. Diese bekam Armin Weber, einer der Gründerväter von „theatermobil“ zugeschickt und wusste sogleich: „Aus der Geschichte muss man etwas machen.“ Das Theater beginnt mit einer Videosequenz, in der sich Izzeldin Abuelaish bedankt und sein Bedauern ausspricht, am heutigen Abend nicht unter den Theaterbesucher/innen sein zu können. Dann betritt Schauspieler Gerhard Zuggal die Bühne. Mit einigen wenigen Requisiten - einem Stuhl, einem Hocker, einem Teddybären - bestreitet er den Abend. Manchmal werden Bilder oder Videos an die Leinwand hinter ihm projiziert, ab und zu tönen arabisch oder palästinensisch sprechende Stimmen sowie Lieder aus dem Off. Sie alle unterstreichen eine Szene, verdeutlichen etwas oder schaffen mehr Emotionalität.

Für den Frieden

Immer wieder wird sichtbar, wie der palästinensische Arzt zu dem Konflikt steht: Er stellt das Versöhnende in den Vordergrund; die  Politik der Hamas etwa widerstrebt ihm. Als eine junge Palästinenserin an einem israelischen Checkpoint als Selbstmordattentäterin gefasst wird, kann er es nicht fassen: Sie hätte in einem israelischen Spital die Bombe hochgehen lassen wollen - dort, wo seine israelischen
Freunde arbeiten, dort, wo sich hundert unschuldige Menschen aufhalten. Izzeldin Abuelaish jedoch lässt sich nicht hineinziehen in die Spirale aus Hass. Selbst dann nicht, als drei seiner Töchter und eine Nichte bei einem israelischen Raketenangriff 2009 in Gaza ums Leben kommen. „Es ist höchste Zeit, dass wir uns hinsetzen und miteinander reden“, lautet sein letzter Satz im Theaterstück, kurz nachdem das Drama sehr eindrücklich geschildert worden ist.

Politische Ebene

Diesem Satz folgend baten die Organisatoren des Abends - der kulturverein bahnhof und das Kulturforum Bregenzerwald - Regisseur Armin Weber und den Direktor des Jüdischen Museums, Hanno Loewy, auf die Bühne zum Gespräch. Sie holten das Thema nach dem emotionalen Theaterstück auf die politische Ebene. Beide Podiumsgäste erklärten u.a., dass dieser Konflikt ein weltweiter sei - obwohl das Land, das ihn betrifft, nur etwas größer als Niederösterreich ist. Der Konflikt werde von Südamerika über Europa bis hin zum muslimischen Malaysia von der Politik kommentiert, teilweise werde interveniert - das schade, und die Betroffenen würden zum Spielball der Weltinteressen.

     
Alle geplanten weiteren Vorstellungen mussten wegen der Corona-Krise verschoben werden. Infos unter www.theatermobil.jimdo.com

(aus dem Vorarlberger KirchenBlatt Nr. 11 vom 12. März 2020)