Anlässlich der weltweiten Gebetswoche für die Einheit der Christ/innen stellt sich auch uns Katholik/innen die Frage, was denn Ökumene in unserer Diözese bedeutet. Im Gespräch mit Michael Meyer, Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Dornbirn, zeigen sich Antworten.

Patricia Begle

Die große Reformbewegung, die Ulrich Zwingli und Martin Luther im 16. Jahrhundet in Bewegung setzten, begeisterte in ihren Anfängen zwar zahlreiche Menschen in Vorarlberg. Es mussten aber über 300 Jahre vergehen, bis die reformierte Kirche seitens der politischen Machthaber auf Anerkennung stieß. Im Jahre 1861 war es schließlich möglich, die erste evangelische Gemeinde zu gründen. In Bregenz fand sie ihren Platz.

Diaspora
Mittlerweile gehören der evangelischen Kirche in Vorarlberg knapp 8000 Gläubige an. Pfarrgemeinden gibt es in Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und Bludenz, „Predigtstationen“ unter anderem in Lustenau und Hirschegg. Seit der Gründung finden sich die evangelischen Christ/innen in einer Diaspora-Situation, mit einem 2,2 Prozent-Anteil an der Bevölkerung sind sie eine Minderheit.

Einander kennen
Minderheiten werden manchmal von der Mehrheit auf eigenartige Weise wahrgenommen. „Mich erstaunt ab und zu, wie wenig die Menschen von der evangelischen Kirche wissen“, erzählt Pfarrer Meyer. „Ich bin schon mit der Frage konfrontiert worden, ob wir überhaupt an Gott glauben.“ Deshalb sieht Meyer in diesem „Voneinander-wissen“ die Basis für jedes Miteinander, für jedes ökumenische Tun.

Verbindendes
Wer das evangelische Gemeindeleben kennenlernt, stellt fest, dass es sich in Vielem wie jenes der katholischen Gemeinden gestaltet: liturgische Feiern, Bibelrunden, Jugend- und Seniorenarbeit, soziale Aktionen. Glaubensgrundlage ist die Bibel, deren Wort immer wieder neu in die jeweilige Zeit gedeutet und gesprochen wird. So kann es zur Orientierung und zu Heilsamem werden. „Hier wünsche ich mir, dass die christlichen Kirchen näher zusammenrücken, um dadurch ihre gesellschaftliche Verantwortung besser wahrnehmen zu können“, erklärt Meyer.

Konkretes
Das Friedensgebet für Syrien im vergangenen Herbst war für ihn ein Beispiel für konkrete Ökumene bzw. Interreligiosität. „Jeder betet aus seiner Tradition heraus und miteinander kommt die Wahrheit zustande.“ In Vorarlberg sieht Meyer einige gute ökumenische Ansätze: die ökumenischen Gespräche in Bregenz, der Gesellschaftspolitische Stammtisch, ökumenische Gottesdienste, die gute Zusammenarbeit im schulischen Bereich. Gerade im Kontakt mit Jugendlichen oder mit Menschen in Notsituationen - ob am Krankenbett oder bei der Telefonseelsorge - spielen konfessionelle Unterschiede keine Rolle mehr.

Zukunft
Ökumene heißt für Meyer, „nicht zu erwarten, dass der andere so wird wie ich“, die Unterschiedlichkeiten zu akzeptieren und zu respektieren sowie die offizielle Anerkennung auszusprechen. Hinsichtlich dieser Anerkennung besteht für die katholische Kirche gegenüber der evangelischen noch Handlungsbedarf. „In der Amtsfrage müssten wir weitergehen“, erklärt Meyer, dann wäre es auch möglich „einander eucharistische Gastfreundschaft zu gewähren.“ Dass katholische und evangelische Christ/innen ganz offiziell miteinander Abendmahl feiern, ist derzeit noch Zukunftsvision. Also auch Zukunft und Vision.

 

Die Gebetswoche für die Einheit der Christen

(18. - 25. Jänner) versammelt weltweit Gläubige zu liturgischen Feiern und ökumenischen Veranstaltungen - auch in Vorarlberg:

Ökumenische Gottesdienste
So 19. Jänner, 18 Uhr,
Pfarrkirche Mariahilf, Bregenz.

Sa 25. Jänner, 18.30 Uhr,
Pfarrkirche St. Peter und Paul, Lustenau.

Lesekreis zum „Ökumenischen Sozialwort 10+“
mit Dr. Michael Striebel,
Mi 22. Jänner, 18.30 Uhr,
Evangelische Kirche Bregenz.